Füssener Heimatzeitung Nr. 209

183 Füssener Heimatzeitung Nr. 209 vom September 2021 haus Füssen. Die Eheleute Köpf, die das Bräuhaus betrieben, wa- ren bekannt dafür, wie fleißig und tüchtig sie waren. Gefühlt hatten sie alle Wirtschaften in der Umgebung zusammenge- kauft. Geliefert wurde das Bier von Frau Köpf höchstpersönlich mit einem Pferdefuhrwerk in die Ziegelwies. Das war ein beein- druckender Anblick und Frau Köpf nen Mann, der betrieb einen La- den, Sozialwerk der öffentlich Bediensteten. Dies war ein Laden nur für Personen, die in Zivil ar- beiteten und dort gab es Lebens- mittel eben für öffentlich Be- dienstete viel günstiger. Dieser Mann wurde aber als Spion ver- haftet und Melanie Gerke hatte die Idee, diesen Laden zu über- nehmen und in ihrem Elternhaus in der Ziegelwiesstraße 3 weiter- zuführen. Damit hatte sie eine kluge Entscheidung getroffen, denn der Laden machte schon im ersten Monatsverkauf einen Umsatz von zehntausend Mark. Beliefert wurde sie vom Groß- handel Merk in Füssen (der jetzige V-Markt) mit einem großen Last- wagen. Viele behaupteten natür- lich, wenn sie selber nicht im öf- fentlichen Dienst arbeiteten, sie kauften für diesen oder jenen ein, um auch so viel günstiger einkaufen zu können, und über- prüfen konnte das ja keiner. Kein Überfluss Eine schöne Zeit ist das damals gewesen. Kaum etwas war in die- se Unmengen von Plastik ver- packt, wenn die Kaffeebohnen abgewogen wurden, roch der gan- ze Laden danach undman schätz- te diese besondere Kostbarkeit. Kein Überfluss, keine Anonymität, kein grenzenloser Konsum von Materie. Diese Läden fehlen, die Stimmung dieser Läden, die herz- lichen einheimischen Familien, die sie betreiben und die per- sönlichen Beziehungen zwischen den Menschen. Umso wertvoller und wichtiger ist es, diese Zeiten in Erinnerung zu behalten und vor der Vergessenheit zu bewah- ren. ■ fluchte dabei vor sich hin. An der Straße standen damals Pfosten und bei jeder Lieferung rieb sich daran ein Pferd so wild, bis der Pfosten umfiel. Schwerer Schicksalsschlag 1937 ereilte ein schrecklicher Schicksalsschlag die Familie Herr- negger. Es war Samstag und, wie gewohnt, war Silvester Herrnegger auf dem Fahrrad unterwegs, um am Bahnhof wieder die frische Wurst abzuholen. Er sollte dort leider niemals ankommen. An der Lechbrücke kam es zu einem schweren Unfall, bei dem er töd- lich verunglückte. Von nun an musste sich Therese mit ihrer Tochter Melanie alleine durch- kämpfen. Schwierige Kriegszeit und Verpachtung Als der Krieg kam, begann auch für den Laden eine schwierige Zeit. Die Menschen hatten kaum noch Geld, um etwas zu kaufen. Es wurden Lebensmittelkarten eingeführt, um den existenziellen Lebensbedarf der Familien zu de- cken. Doch nach dem Krieg konn- te Therese Herrnegger den Laden nicht mehr erhalten und sie ver- pachtete ihn an Frau Falke, die bisher einen Laden in der Maria- Hilfer-Straße in Füssen-West be- trieben hatte. Sie stammte aus Dresden und hatte bei einem Bombenanschlag ihre komplette Familie verloren. Sie betrieb den Laden von ca. 1946 bis 1952. Da- nach wurde der Laden bis ca. 1956 an Familie Väth verpachtet. Noch einmal in voller Blüte Melanie Gerke, geb. Herrnegger, erlebte dann noch zehn wunder- volle Jahre (1961 bis 1971) mit dem Laden. Es gab in Füssen ei-

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