Füssener Heimatzeitung Nr. 191

61 Füssener Heimatzeitung Nr. 191 vom Juni 2020 / II und dass Ludwig in Schloss Berg am Starnberger See interniert wurde. Carl Theodor, wie auch seine Schwester, waren entsetzt über diesen Staatsstreich und konnten diesen Vorgang unter keinen Umständen dulden. Auf- grund dessen machte sich Carl Theodor auf und besuchte König Ludwig sowie Dr. Gudden in Schloss Berg. In Berichten steht, dass Carl Theodor eine einstün- dige Unterredung mit Gudden führte. Nach dieser Unterredung berichtet Dr. Müller, der auch auf Berg anwesend war, dass sein Chef (Gudden) äußerst gut ge- launt sei und er so wirke, als hätte er etwas getrunken. In den Berichten ist auch niedergeschrie- ben, dass sich Carl Theodor eine Stunde lang mit Ludwig unter- hielt. Wie Unterlagen zu entneh- men ist, war Ludwig nach dem Gespräch auch sehr entspannt und zuversichtlich. Ludwig sagte, dass bald jemand aus München kommt, um einen Teil der Biblio- thek zu ihm zu verlegen. Ludwig war also nicht in Panik, sondern hatte zuversichtliche Gefühle für die Zukunft. Ebenso war auch Dr. Gudden bester Laune. Guddens Meinung zu Ludwig änderte sich Schlim erzählte, dass Guddens Meinung über König Ludwig II. sich sehr schnell änderte, nach- dem er ihn persönlich kennen- gelernt hatte. Wie hinlänglich be- kannt ist, hat Gudden eine Diag- nose von Ludwig erstellt, ohne ihn jemals persönlich getroffen zu haben. Gudden konnte sich somit nie ein wirkliches Bild von Ludwig machen. Durch den di- rekten Kontakt mit Ludwig und das einstündige Gespräch mit Carl Theodor hatte sich jedoch seine Meinung geändert und wahrscheinlich hat er eingesehen, welchen Fehler er mit diesem Gutachten und der damit verbun- denen Absetzung gemacht hatte. Noch am selben Nachmittag woll- te Gudden mit Ludwig alleine spazieren gehen. Mitarbeiter woll- ten Gudden davon abhalten, im Park von Schloss Berg spazieren zu gehen. Sie sagten zu Gudden, dass es verboten sei, sich mit dem Patienten alleine aufzuhal- ten. Gudden ließ partout nicht davon ab und insistierte auf die- semSpaziergang. WarumGudden so vehement auf dem Ausgang bestand, ist bis heute ungeklärt. Ein sehr bedeutender Kurz- bericht von einem Diener In den von Schlim gelesenen Ak- ten fand Schlim einen kurzen Be- richt von einem damaligen Diener auf Schloss Berg. Ein kleiner, aber doch sehr irritierender Be- richt. Der Diener vermerkte, dass beide direkt zur Fundstelle der Leiche gehen. Warum schreibt dieser Diener von einer Leiche und dass dorthin Personen ge- hen? Wer ist diese Leiche? Was ist geschehen? Die Erklärung für Schlim ist folgende: Eine Quelle berichtet von Dornenhecken im Park, die niedergedrückt waren zur Zeit des Todes von Ludwig. Entweder Gudden oder Ludwig muss also den Hügel hinunter- gestürzt sein. Schlim weiß, dass die Leiche von Ludwig keinen Kratzer hatte. Von Berichten über die Leiche Guddens sind Kratzer an den Händen, im Gesicht und an den Armen bekannt. Außer- dem war sein Wams zerrissen. Somit hatte Gudden die Dornen- hecken niedergedrückt, indem er in die Dornen gestürzt ist. Schlim fragte, wie sich wohl ein älterer Herr mit einemHerzfehler, welcher den Hügel hinunter stürzt und dort in eine Dornenhecke fällt, verhalten wird? Die Antwort ist für Schlim ganz einfach, denn so ein Mensch wird in dieser Si- tuation fluchen wie ein Berser- ker. Fortsetzung auf Seite 62  Bild: Füssener Heimatzeitung

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