Füssener Heimatzeitung Nr. 200

233 Füssener Heimatzeitung Nr. 200 vom Januar 2021 / III Fortsetzung auf Seite 234 Die perfekte Vereinigung Es war aufregend und aufbauend, denn man rechnete nicht damit, dass ein Produkt, das auch einen großen Anteil von Vollkornschrot in sich hat, so fluffig und weich sein konnte. So etwas kannten die Menschen damals fast noch gar nicht. Die Semmeln waren groß und rund, nicht wie üblich, mit einem Sternenstempel ge- drückt, sondern einfach nur rund, hellbraun und ein wenig körnig. Der Geschmack war so überra- schend gut, dass einige Füssener richtige Sucht-Gefühle entwickel- ten und sich täglich die heißbe- gehrte Ware kauften. Die Gra- hamsemmeln waren das Gegen- teil von leerem Geschmack, sie hatten ein feines Aroma, das in- tensiver als die normale Weiß- mehlsemmel schmeckte und das ganze Backwerk spannend mach- te.  Wer liebt nicht geschmolzene Butter auf einer frischen und reschen Semmel. Bild: Füssener Heimatzeitung Im „Eder” und im „Bechteler” erhältlich Die „Gesundheitssemmel”, als was sie damals ursprünglich ge- dacht war, konnte natürlich in ihrer Geburtsstätte, der Bäckerei Eder, gekauft werden. Dort wurde sie mit viel Liebe und Geduld ge- backen. Ein weiterer Laden, in dem die Grahamsemmel richtig gut verkauft wurde, war das Re- formhaus Bechteler, welches da- mals seinen Sitz noch in der Rei- chenstraße hatte. Eine Graham- semmel kostete 50 Pfennige. Es war etwa in den 1970er bis 1980er Jahren, als die Grahamsemmel richtig „in Mode” kam, da es ei- nen starken Aufwind in der Be- völkerung gab, sich vollwertig zu ernähren. Der Gedanke der Le- bensreform nahm zu und erreich- te schließlich auch das schöne Füssen. In diesem Zuge stieg im Reformhaus Bechteler die Nach- frage an Vollwert-Produkten im- mer mehr an. So entstand mit der Bäckerei Eder eine wunder- bare Zusammenarbeit, in der die beiden Vollkorn-Liebhaber die neuesten Vollwertprodukte zu- sammen entwarfen und schließ- lich auch in Füssen auf den Markt brachten. Daher war das Reform- haus Bechteler dann auch eine der ersten Neben-Verkaufsstellen der Bäckerei Eder. Weiterhin ver- kauften die Eders die beliebte Semmel an Hotels, Pensionen und an mehrere kleine Geschäf- te. Die legendären Graham- Frühstücke Einige Jugendliche holten sich die Semmel jahrelang jeden Tag, um sie am späten Vormittag als Mittagessen zu verzehren. Mit Vorliebe wurden die Semmeln mit reichlich Butter und darauf Grafschafter Goldsaft, mit Pflau-

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