Füssener Heimatzeitung Nr. 194

44 Füssener Heimatzeitung Nr. 193 vom August 2020 Serie: König Ludwig II. von Bayern Maria Leopoldine von Bayern war in vielerlei Hinsicht reich - reich an Willenskraft, Affären, Skandalen, Gütern, Interessen und Zielen Ein Bericht von Hedwig Rabe Maria Leopoldine von Bayern, das „Enfant terrible” (das „schreckliche Kind”), war eine Frau mit ungeheurem Willen, Durchsetzungsvermögen und einem au- ßergewöhnlichen Leben. Sie setzte sich über die gesellschaftlichen Regeln des Adels hinweg, sorgte für zahlreiche Skandale durch viele Affären und rächte sich an ihrer Familie. Nachdem sie im Alter von 18 Jahren die arrangierte Ehe mit dem 71-jährigen Karl Theodor von Bayern eingehen musste, veränderte sich ihr Leben vollkommen. Die Wittelsbacher stehen bis heute in ihrer Schuld, denn ihr allein verdanken sie es, dass sie weiterhin in Bayern herrschten. Eine Braut im Widerstand Maria Leopoldine wurde am 10. Dezember 1776 in Mailand als Enkeltochter von Kaiserin Maria Theresia von Österreich geboren. Dort in Italien verbrachte sie eine unbeschwerte und glückliche Kindheit. Dies änderte sich ab- rupt, als ihr persönliches „Schreckgespenst”, Kurfürst Karl Theodor, in ihrem Leben auf- tauchte. Damals, im 18. Jahrhun- dert, bestimmte die Erbfolge die Heiratspolitik der Wittelsbacher Linien und diese Erbfolge war gnadenlos und orientierte sich nicht an den Träumen und Hoff- nungen auf die große Liebe eines jungen Mädchens. Kurfürst Karl Theodor war bereits verheiratet gewesen, jedoch blieb die erste Ehe kinderlos und die Zeit dräng- te, denn mit 71 Jahren war er kein junger Mann mehr. Ohne ei- nen Erben würde einer seiner Neffen, die er nicht mochte, aus der Wittelsbacher Seitenlinie Pfalz-Zweibrücken zumZuge kom- men. Dies wollten viele verhin- dern. Neben seinem eigenen war dies auch im Interesse des öster- reichischen Kaisers. Also nutzte der Wiener Hof die Gelegenheit und vermittelte Maria Leopoldine als Braut aus der eigenen Ver- wandtschaft. Zum Zeitpunkt der Eheschließung, im Februar 1795, war ihr Bräutigam 52 Jahre älter als sie. Klar und unmissverständ- lich war das Ziel dieser Eheschlie- ßung: Dem Kurfürsten einen Er- ben schenken! Doch die Planung wurde ohne den Segen der Braut gemacht und diese gab sich ganz und gar nicht geschlagen. Sie verweigerte sich. Sie mochte ihn nicht und fühlte sich an seiner Seite nicht wohl. Karl Theodor gab sich große Mühe, seine Frau für sich zu gewinnen. Er versuch- te, ihr jeden Wunsch zu erfüllen, aber vergebens, es war aussichts- los. Leopoldine vertrieb sich die Zeit lieber mit zahlreichen Lieb- habern. Auch Max Joseph, der spätere König von Bayern, soll kurze Zeit ihrem Charme erlegen sein. Fortsetzung auf Seite 46

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