Füssener Heimatzeitung Nr. 192

107 Füssener Heimatzeitung Nr. 192 vom Juli 2020 unwissentlich in Verdruß gebracht hatte, schrieb Pfarrer Jocham sein Antwortschreiben, in dem er ver- sicherte, keinen Heller aus der Kirchenstiftung noch aus der Ge- meindekasse entnommen zu ha- ben. Auch entstanden keine Um- lagen oder Ähnliches für die Ge- meindemitglieder. Die Kirche sei schlichtweg ohne Geld gebaut worden. Er berichtete viel über den Bau und die vorher aufge- kommenen Wünsche aus der Ge- meinde. Auch versicherte er, dass die Gemeindemitglieder sich ver- pflichtet hatten, für den Unterhalt der Kirche Sorge zu tragen, doch alles half nichts. Zwar durfte die Kirche stehen bleiben, aber Pfar- rer Jocham erholte sich nicht mehr von dieser für ihn unaushaltbaren Schmach. Ob es der Wunsch des Bischofs war, oder der des Pfar- rers selbst, ist leider nicht geklärt, aber einvernehmlich trat Pfarrer Jocham eine Stelle als Professor in Freising an. Er erholte sich von dieser Ungunst des Bischofs nicht mehr. Nur zwei Wochen nach Al- lerheiligen verließ er seine Heimat und seine geliebte Kirche, für die er all sein Herzblut gegeben hatte. Er hinterließ noch 100 Gulden für die Anschaffung eines Kreuz- weges zur Kirche und verließ an- schließend Pfronten. Die Kirche wird eingeweiht Nach dem Antwortschreiben des Pfarrers durfte die Kirche dann eingeweiht werden und sie bekam alle Rechte zugesprochen. Pfarrer Jocham beauftragte seinen guten Freund Pfarrer Fox aus Altdorf, die Benediction der Kirche vor- zunehmen. Dieses Fest wurde, wenngleich die Gemeindemitglie- der wegen dem Verlust des Pfar- rers tief traurig waren, ein Freu- denfest, denn in diese Kirche war so viel Herzblut jedes einzelnen Dorfbewohners geflossen und es war ein Fest zu Ehren des Pfarrers, ohne welchen dies niemals zu- stande gekommen wäre! Die Got- tesackerkirche blieb über viele Jahre hinweg ein Ort tiefer Ver- bundenheit und Zuneigung. Ei- nige Zeit später wurde eine Stein- platte im Innern der Kirche be- festigt, auf welcher steht: „Die Pfarrgemeinde Pfronten und ihr damaliger Pfarrer Magnus Jocham haben dieses Kirchlein erbaut im Sommer des Jahres 1841”. Im Dienste von etwas Höherem Und so steht sie noch heute in  Fast alles an dieser Kirche wurde unentgeltlich gebaut. Bild: Füssener Heimatzeitung Pfronten, ganz unscheinbar und doch mit so einer großen und bewegenden Geschichte. Wie vie- le Menschen würden wohl heute noch so bereitwillig ihr eigenes Hab und Gut zur Verfügung stel- len, würden jede freie Zeit für ei- nen „Gotteslohn” arbeiten und sich ganz in den Dienst für etwas Höheres stellen? Wäre ein solcher Bau eines heiligen Ortes ganz ohne Geld heute noch möglich? In unserer heutigen Zeit können wir nur staunen, ob der Liebe dieser Menschen, ob des Enga- gements und der Hingabe, die sie aufgebracht haben um diese schöne Kirche zu erschaffen. ■

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