Füssener Heimatzeitung Nr. 175

139 Füssener Heimatzeitung Nr. 175 vom Juni 2019 Auflösung Serie: Heimaträtsel Auflösung des Heimaträtsels aus der Mai-Ausgabe der Füssener Heimatzeitung, Nr. 174, Ein Kriegsrelikt Überbleibsel aus dem Zweiten Koalitionskrieg (1798 - 1801) Die eiserne Kanonenkugel aus unserem letzten Heimaträtsel ist heute an einer Ecke der Fassade des Anwesens Reichenstr. 4 angebracht. Bei der jüngsten Renovierung des Hauses wurde durch die Eigentümer ein Hinweisschild angebracht, dem zu entnehmen ist, dass am 11. Juli 1800 französische Kanoniere die Stadt beschossen. Hierbei flog die erste Kugel über das Augsburger Tor (auch Kuglertor genannt), hüpfte dreimal auf und blieb dann vor dem Haus Reichenstr. 4 liegen. So kam es, dass noch über zweihundert Jahre später dieses Kriegs- relikt das Haus schmückt und Zeugnis von den Kriegswirren des Zweiten Koalitionskrieges ablegt. Beide Bilder: Füssener Heimatzeitung wie heutzutage oft von trostlosen, sterilen Einheitsfassaden ohne jeg- lichen Charakter und Individualität. Begeben Sie sich auf die Suche nach einem altehrwürdigen Ge- bäude in der Füssener Altstadt, das noch Charakter aufweist, und rätseln Sie, was die Bezeichnung „Am Stain“ wohl bedeuten mag! ■ Durchmärsche, Belagerungen, Besetzung, Unruhen Die französische Revolution von 1789 hatte zunächst noch kaum Auswirkungen auf Füssen und sein Umland. Allerdings erschienen schon bald franzö- sische Emigranten, die zumTeil in Füssen verweilten, und ab 1796 kam es dann vermehrt zur Besetzung durch österreichische Truppen, zu Unruhen und der Notwendigkeit der Verköstigung und Unter- bringung von Soldaten in der Stadt. 1799 wurde Füssen darüberhinaus Sitz des k. und k. Feld- hauptspitals Nr. 2, so dass sich auch noch zahlreiche Verwundete in der Stadt befanden. Die Franzo- senheere rückten nach und nach immer näher, sodass Füssen ab Mai 1800 mit einer Besatzung versehen und der Verteidigungszustand ausgerufen wurde. Am Nachmittag des 10. Juli 1800 standen die Franzosen schließlich vor der Stadt, um sie einzunehmen. Die (angeblich erste) Kanonenkugel, die am darauffolgenden 11. Juli abgeschossen wur- de, blieb dann in der Reichenstraße liegen und er- innert noch heute an diese Zeit. Die Stadt ergab sich zwar letztlich noch rechtzeitig, blieb aber von Plünderungen nicht gänzlich verschont. Erst nach dem Friedensschluß zu Lunéville zogen die Fran- zosen am 15. April 1801 wieder aus Füssen ab. Kaum vorstellbar ist, dass während des Krieges ca. 60.000 Österreicher und etwa ebenso viele Franzosen in Füssen genächtigt hatten und verpflegt werden mussten (Quelle: Rudibert Ettelt, Geschichte der Stadt Füssen, 1971, S. 339-343).

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