Füssener Heimatzeitung Nr. 166

175 Füssener Heimatzeitung Nr. 166 vom Dezember 2018 / I Kinderaugen leuchten Vier rote, dicke Kerzen brennen auf dem Adventskranz und kün- den von Weihnachten und auch das Kleinste unter den Kindern spürt schon die Besonderheit die- ser Stimmung. Warm ist es in der Stube und der Duft des frischen Tannengrüns vermischt sich mit dem der frisch gebackenen „Lea- bla“. Bald ist es soweit und das Christkind kommt, verzaubert die gute Stube. Ein unendlicher Friede umgibt diese Kinder, umgibt diese Stube, umgibt diesen alten Hof und die ganze Welt. Die kleinen Kinder erlebenWeihnachten noch in seiner reinsten Form, die Stim- mung des Lichts in tiefer Dunkel- heit ist nirgends mystischer als in der Adventszeit. Advent, die Ankunft, was kündet uns der Ad- vent? Was will „ankommen“? In- mitten der dunkelsten Zeit des Jahres wird das Licht wiederge- boren. Und der Adventskranz ist Teil dieses Geschehens. Schon wie er gewunden wird, kreisrund, aus frischemGrün, die roten Bän- der und kleinen Äpfelchen und zuletzt die vier roten, dicken Ker- zen. In den vier Wochen vor Weih- nachten werden sie nacheinander alle angezündet, bis alle vier ge- meinsambrennen. Dann ist Weih- nachten. Der Zyklus des Lebens Im hohen Norden, in den alten skandinavischen Ländern, wo der Adventskranz weit vor uns behei- matet war, hatten sie es genau umgedreht. Nach alter Sitte wur- den zu Beginn der Adventszeit erst vier, dann drei, dann zwei und schließlich eine Kerze ange- steckt, als Symbol für die abneh- mende Kraft der Sonne. Erst am Tag der Wintersonnenwende, wenn die Tage und das Sonnen- licht wieder zunahmen, wurden feierlich wieder alle vier Kerzen entzündet. Heute ist dieser alte Brauch in Vergessenheit geraten. Der Kranz war ein Symbol des zy- klischen Lebens und Sterbens auf allen Ebenen, des großen Wel- tenzyklus. Und wie imWinter die Sonne immer mehr abnahm, so wurde auch vonWoche zuWoche immer eine Kerze weniger ent- zündet, bis zur Wintersonnen- wende, am 21. Dezember, an der die Sonne ihren absoluten Tief- punkt hat und die Nacht am längs- ten ist. Danach muss sie wieder wachsen. Und ab dieser Nacht wurden im hohen Norden wieder alle vier Kerzen entflammt, Künder dieses mystischen Vorgangs, der Erneuerung des Lebens, der Ge- burt des Lichts. Somit brennen an Weihnachten wieder alle vier Kerzen, genau wie bei uns, Aus- druck der Freude, Symbol des ewigen Lebens, das alles beinhält, ein Rad ohne Anfang und Ende. Die Verheißung vonWeihnachten Die Kinder sitzen still und schauen ins Licht, nichts kann ihr Erleben, ihre tiefe seelische Offenheit trü- ben. Rein und klar strahlen die Flammen in ihre Herzen, rein und klar werden sie von dieser be- sonderen Stimmung erfasst, die leise Wunder tut. Und deutlicher als jedem Erwachsenen enthüllt sich ihnen das Mysterium von Advent und Weihnachten. „Rund um den Kranz, welch ein Schim- mer, … Und so leuchtet die Welt langsam der Weihnacht entge- gen.“ (Matthias Claudius) ■  In den Augen das Leuchten. Bildquelle Blickwinkel  Das Licht der Kerzen wärmt die Herzen. Foto: Pixabay

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