Füssener Heimatzeitung Nr. 236

66 Füssener Heimatzeitung Nr. 236 vom Juni 2023 / II Es ist Mitternacht. König Ludwig II. ist nur noch mit wenigen Getreuen imSchloss. Im Schlosshof befinden sich noch Feuerwehrleute, Wachpersonal und andere Getreue aus der Umgegend. Der König ist verzweifelt und weiß nicht was er tun soll. Nun beginnt ein Drama, das mit dem Tod Ludwigs II. enden wird. Was im fernenMünchen angeblich zumWohle des Landes und seiner Bevölkerung geplant wurde, soll heute mit der Festsetzung Ludwigs II. in die entscheidende Phase treten. Noch könnte alles gestoppt werden, aber keine Hand rührt sich für den bayerischen König. Das Volk hat keiner gefragt. Es wird ein schlimmer Tag für den Monarchen, aber auch ein schlimmer Tag für Bayern. Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Im Folgenden werden die Ereignisse des 10. Juni 1886 im Zusammenhang mit dem Grafen Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Montmartin beschrieben. Ein Bericht von Erich Adami Serie: König Ludwig II. von Bayern Die Ereignisse des 10. Juni 1886 in Neuschwanstein Die Erlebnisse des Grafen Dürckheim Fortsetzung auf Seite 68 u Alfred Eckbrecht von Dürck- heim-Montmartin, ein treuer Begleiter König Ludwigs. Bild: Jean Louis Schlim Graf Alfred von Dürckheim- Montmartin Die Zeitabläufe an diesem 10. Juni 1886 sind nicht sehr leicht zu rekonstruieren. Die Quellen geben manchmal für das gleiche Geschehen die unterschiedlichs- ten Uhrzeiten an. Die hier ange- gebenen Uhrzeiten sind also nur eine Richtlinie für den Ablauf des Tagesgeschehens. Die an diesem Tag dokumentierten Gespräche sind aufgrund der vorhandenen Quellen nachempfunden. Sie müssen so oder so ähnlich statt- gefunden haben. Der Wortlaut muss aber nicht genau so gewe- sen sein, wie hier beschrieben. Hier werden nur die Ereignisse beschrieben, die mit dem Grafen Alfred Eckbrecht von Dürckheim- Montmartin zu tun haben. Hilferuf an Graf Dürckheim Neuschwanstein 06:15 Uhr: Der König erinnert sich an einen der wenigen Offiziere, die ihm im Laufe seines Lebens näher stan- den und gibt Befehl, seinem treu- en Flügeladjutanten Graf Alfred Eckbrecht von Dürckheim-Mont- martin, der gerade im Urlaub auf seinem Familiensitz in Steingaden weilt, zu telegrafieren, sofort zu ihm nach Neuschwanstein zu kommen. Er bemerkte dazu: „Die- ser Mann ist mir ergeben.” Noch kann das Telegramm an Dürck- heim abgesetzt werden, und

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