Füssener Heimatzeitung Nr. 234

Die Eisheiligen Die Eisheiligen stehen mit steif gefrorenen Bärten, aus denen der kalte Wind Schneekörner kämmt, früh plötzlich in den blühenden Frühlingsgärten, Nachzügler, Troß vom Winter, einsam, fremd. Eine kurze Weile nur sind sie hilflos, betroffen, dann stürzt die Meute auf den Blumenpfad. Sie können nicht, sich lang zu halten, hoffen; so wüsten sie in sinnlos böser Tat. Von den Kastanien reißen sie die Kerzen und trampeln tot der Beete bunten Kranz, dem zarten, unschuldsvollen Knospenglück bereiten sie hohnlachend Schmerzen, zerstampfen junges Grün in geisterhaft verbissenem Kriegestanz. Plötzlich mitten in all dem Toben und Rasen ist ihre Kraft vertan, und die ersten warmen Winde blasen aus der Welt den kurzen Wahn. Max Herrmann-Neiße, (1886–1941)  Gedicht von Max Herrmann-Neiße: Die Eisheiligen. Bild: Pixabay Fortsetzung auf Seite 30

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