Füssener Heimatzeitung Nr. 228

167 Füssener Heimatzeitung Nr. 228 vom Dezember 2022 Fortsetzung von Seite 165 Das Gemälde Der Altar der Kapelle wurde von dem Imster Bildhauer Josef Kle- mens Witwer gestaltet, der zu seiner Zeit viele Aufträge im Au- ßerfern annahm. Das älteste Ge- mälde dieser Kapelle, das rechts vom Chorbogen hängt und St. Martin zeigt, entstand Ende des Dreißigjährigen Krieges. Interes- sant ist, dass es den Heiligen Martin und den Bettler in gleich großen Proportionen zeigt und damit auch wieder ausdrückt, dass sich Bettler wie Reiter trotz des großen Standesunterschie- des ebenbürtig sind und der Un- terschied den einen nicht weniger achtenswert macht als den an- deren. Vielleicht war dies den Menschen, gerade in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, als sie all die Not und Armut eines solchen Krieges erfahren und erdulden mussten, ein be- sonders wichtiger Wert. Erinnerungen des Johannes de Caulibus Unter all den anderen künstleri- schen Kleinodien in der Kapelle findet sich auch eine Christus- Skulptur, die an eine Geißelsäule gekettet ist. Sie erinnert an ein Ereignis, das in der Bibel gar nicht erwähnt wird, sondern erst durch den Franziskaner Johannes de Caulibus um das Jahr 1300 n.Chr. Eingang in die christliche Geschichte findet. Der Mönch schreibt, dass Jesus Christus nach seiner Gefangennahme und dem Verhör im Hause des Kaiphas in einen Kerker geworfen und ver- spottet wurde: „Dann zogen sich die Ältesten zurück und ließen ihn in einen Kerker bringen, der unter der Erde lag, und dessen Widmung: Diese Kapelle wurde St. Martin gewidmet Wo: In Wengle Restauriert: Im 18. Jahrhundert Gestaltung des Altars: Klemens Witwer Info-Kasten Reste heute noch sichtbar sind. Dort wurde er an eine Steinsäule gebunden, von der heute noch ein Stumpf steht, wie ich von ei- nem Mitbruder erfuhr, der ihn sah. Trotzdem ließ man zur grö- ßeren Sicherheit einige Bewaff- nete zurück, welche ihn die ganze Nacht noch vollends mit Spott- reden und Verwünschungen quäl- ten. ... So beschimpften sie ihn, bald der eine, bald der andere, die ganze Nacht durch Worte und Taten ... So stand er aufrecht an die Säule gebunden bis am Mor- gen.“ Auf sich wirken lassen Es gibt noch weitere interessante und aussagekräftige Darstellun- gen in dieser Kapelle. So kann sich jeder, der Interesse hat oder vielleicht zufällig an dieser Ka- pelle vorbeifährt, von dem Geist berühren und die Stimmung des heiligen Ortes auf sich wirken lassen. Die Seele kann zur Ruhe kommen und die Liebe, unter deren Geist die Kapelle steht, kann aufgenommen und an an- dere wieder weitergegeben wer- den. ■  Wengle liegt in einer wunderschönen Umgebung. Bild: Bbb auf wikivoyage shared

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