Füssener Heimatzeitung Nr. 221

81 Füssener Heimatzeitung Nr. 221 vom Juni 2022 / II  An den drei Ludwig II. Schlössern – oben Neuschwanstein und Linderhof, in der Mitte Herrenchiemssee – wurde heftige Kritik geübt. Unten sein Kindheitsschloss Hohenschwangau und sein Sommerschloss Berg erbte er von seinem Vater. Bild: Archiv A. Schweiggert das die Frage stellt: Wer trägt Schuld, Mitschuld und Verant- wortung an der Entmündigung, Inverwahrnahme und am Tod Kö- nig Ludwigs II. von Bayern? Bis heute ist es nicht gelungen, diese Frage überzeugend zu beantwor- ten. Man starrt immer nur auf die Geschehnisse der Jahre 1885/86 und an den Pranger wer- den stets dieselben „Sündenbö- cke“ gestellt. Doch ein ernsthafter „Prozess Ludwig II.“ muss sämt- liche Verursacher der Königska- tastrophe 1886 zur Rechenschaft ziehen und alle W-Fragen unter- suchen: Was geschah wann, wa- rum und wo und wer war daran wie, weshalb und wieso beteiligt? Im Zentrum steht dabei ein Kreis von zahlreichen Personen und Institutionen aus Bayern, aber ebenso aus anderen Regionen, der an der Entwicklung und den Ereignissen zur schrittweisen Eli- minierung des Königs auf die eine oder andere Weise beteiligt war. „Das Totengericht“ Wer noch immer daran glaubt, es hätten doch schon zwei Ver- handlungen stattgefunden, der irrt. Die unmittelbar nach dem Tod des Königs als „Totengericht“ bezeichneten Konferenzen in zwei Landtagssitzungen am 17. und 26. Juni 1886 waren nur Schein- verhandlungen und wurden dem Anspruch eines ernst zu nehmen- den Prozesses in keiner Weise gerecht. An diesen beiden Tagen wurden von den Abgeordneten die Rechtmäßigkeit der Entmün- digung und Inverwahrnahme Lud- wigs II. und die Einsetzung der Regentschaft des Prinzen Luitpold von Bayern zwar thematisiert, doch nicht wirklich geprüft, so dass am Ende, wie zu erwarten war, zur Beruhigung aller die Re- gentschaft Luitpolds für recht- mäßig befunden wurde. Deshalb ist es nach 136 Jahren an der Zeit, die Schuldfrage an der Kö- nigskatastrophe erneut zu stellen. In dieser Untersuchung müssen sämtliche in Frage kommenden Personen und Institutionen hin- sichtlich ihrer Schuld, Mitschuld und Verantwortung akribisch und im Detail überprüft werden. Was ist Schuld? Bekanntlich ist „Schuld“ ein Be- griff aus dem Bereich der Ethik und des Strafrechts, der schwer Fortsetzung auf Seite 82

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