Füssener Heimatzeitung Nr. 221

3 Füssener Heimatzeitung Nr. 221 vom Juni 2022 / II Musealer Charakter der Wohnung Selbst die Besenkammer der Wohnung hat eine viel schönere Funktion bekommen: Sie wurde zu Jean Louis Schlims Hauska- pelle. In Vitrinen sammelt er wert- volles Porzellan. So hat er unter anderem das feine Verlobungs- geschirr mit den Porträts von Lud- wig II. und seiner Cousine Sophie in einer Vitrine stehen. Seine Wohnung und seine Sammlung sind eins. Sobald er anfängt auf- zuräumen, ist Feierabend, dann findet er nichts mehr. Aber auch König Ludwig II. soll es so ge- gangen sein. Schlim weiß eine kleine Anekdote von Prinzessin Louise Viktoria, der Tochter So- phies (Schwester von Sisi), die zu berichten wusste, dass es bei Ludwig noch chaotischer war als bei Schlim. Überall lagen Stapel von Büchern, Fotos und Notizen. Er habe unheimlich viel gelesen, unvorstellbar viel. Aber es lagen nicht nur Bücher herum, auch Kleidungsstücke. Die Sachen durf- ten auch nicht einfach so weg- geräumt werden. „Die Bediens- teten haben das lieber unterlas- sen, um ja keinen Rüffel zu ris- kieren”, erzählt Jean Louis Schlim. Auch Ludwig hätte dann wohl Fortsetzung von Seite 1  Eine der wunderbaren Ecken in Schlims Wohnung. Zu sehen ist dort auch die Totenmaske von König Ludwig und der Abguss seiner Hand. Bild: Jean Louis Schlim seine Notizen und Bücher nicht mehr gefunden. Er lebte sozusa- gen in einem geordneten Chaos. Luxemburger Herkunft Jean Louis Schlim wurde am 30. Juli 1952 im Großherzogtum Lu- xemburg in der „Stad Lëtzebuerg”, am Fuße der Ardennen, geboren und lebt seit 1977 als Autor in München. Er meint: „Eigentlich war meine irdische Ankunft für Mitte August geplant, so etwa in dem Zeitraum, in dem auch der bayerische Märchenkönig auf die Welt kommen sollte. Aber er kam etwas später und ich etwas zu früh.” Doch dieser gemeinsame Geburtstermin, auchwenn er nicht eingehalten wurde, verband Jean Louis Schlim in seinembisherigen Leben doch sehr mit König Lud- wig. Bis er auf ihn aufmerksam wurde, sollten allerdings noch ei- nige Jahre ins Land gehen. Kindheit und Jugend Jean Louis Schlim erzählt gerne von seiner Kindheit und Jugend, die er wohlbehütet von Mutter und Kirche in Luxemburg ver- Fortsetzung auf Seite 4 Seelenvolle Dinge, wie ein kleiner geschnitzter Holzschwan von Ludwig II., befinden sich darun- ter. Als einmal hoher Be- such aus dem Hause Bay- ern bei ihm war, meinte dieser erstaunt: „Sie ha- ben ja mehr von meiner Verwandtschaft hier hän- gen als ich zu Hause!“

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