Füssener Heimatzeitung Nr. 221

155 Füssener Heimatzeitung Nr. 221 vom Juni 2022 / II Lange standen dort die falschen Linden Die Königslinde im Park von Schloss Linderhof steht seit der Zeit Ludwigs II. dort, und auch schon vor seiner Zeit. Es war die Hauslinde des damaligen Linder- hofs, einemBauernhaus welches bereits vor dem Schloss dort stand. Nicht so die Linden, die auf beiden Seiten des Flora-Brun- nens eine Allee bilden und nach 1945 zu unterschiedlichen Zeiten, in falscher Anzahl und an falschen Standorten wieder gepflanzt wor- den waren. Das heißt, die kleinen Linden, die dort jetzt als Allee stehen, sind nicht die gleichen, die König Ludwig II. von Bayern hatte pflanzen lassen. Jedoch auch diese falsch angeordneten Linden stehen nicht mehr. Im Jahr 2005 wurden neue Linden erwor- ben und in einer Baumschule an das raue Gebirgsklima gewöhnt, da sie dort sonst nur schwer über- lebensfähig wären. Die „falschen“ Linden von 1945 wurden 2009 gefällt und durch die auf das Ge- birge vorbereiteten Linden ersetzt. Jetzt rahmen wieder zwei Dop- pelreihen aus jeweils vierzehn Bäumen in der richtigen Anord- nung das Wasserbecken auf den Längsseiten ein. Sehr alte Königslinde Wie schon erwähnt ist die Kö- nigslinde schon älter als unsere Majestät, sie hat ein stolzes Alter von nunmehr 300 Jahren erreicht. In dieser Linde ließ sich König Ludwig II. ein Baumhaus errichten. Es war nicht wirklich ein Baum- haus, vielmehr ein Plateau oder ein Freisitz. Von unten führte eine Art Holz-Wendeltreppe den Baum hinauf und man gelangte auf den Freisitz. Dort oben hielt sich Lud- wig II. sehr gerne auf. Es war ein  Die Königslinde in ihrer ganzen Größe, vom Schloss aus gesehen. Bild: Füssener Heimatzeitung Ort der Stille, der Besinnlichkeit, ja ein Ort des Friedens. Auf diesem Plateau ließ sich Ludwig II. sogar Speisen und Getränke servieren, ab und zu empfing er dort auch Besucher. Manmag es kaumglau- ben, doch er nahm dort zwischen sieben und zwölf Gängen ein, auch im Winter. Daher das be- kannte Zitat "Es störten ihn auch keine Schneeflocken in seiner Suppe." Ansonsten ruhte er sich dort oben aus oder schrieb Briefe und sann vor sich hin. Da er je- doch die Einsamkeit liebte und sonst auch zumeist alleine speis- te, war das Baumhaus ein para- diesischer Ort dafür. Brief an Wagner Nachdem Ludwig II. die General- probe eines Stückes von Richard Wagner gesehen hatte, schrieb er diesem, beeindruckt vom Ge- sehenen: „…Hoch auf einer selten schönen, astreichen Linde, auf welcher ich Tisch und Sitze mir herrichten ließ, schreibe ich Ihnen heute am Rheingold-Abend.-Es ist herrlich schön hier oben, von wo ichmein lieb gewonnenes Ter- ritorium des Linderhofes überbli- cken kann …“ Hier spricht Ludwig II. von der Königslinde und seinem Plateau. Fortsetzung auf Seite 157

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