Füssener Heimatzeitung Nr. 221

127 Füssener Heimatzeitung Nr. 221 vom Juni 2022 / II Die Schlossführung Eines Tages kam ein Reisender auf einer Gebirgswanderung nach Hohenschwangau. Als der Wan- derer in der Nähe des Schlosses umherging, sah er einen jungen Mann auf sich zukommen. Der Unbekannte trug eine kurze Jacke, einen Tirolerhut und in der Hand trug er einen großen Fisch. Der Wanderer hielt diesen Mann für einen Gärtner und fragte ihn, ob es denn eigentlich nicht möglich sei, das Schloss einmal von innen zu besichtigen. Der junge Mann aber antwortete: „Wenn der König darin ist, darf es niemand betre- ten, aber da er für den Augenblick nicht dort ist, kann ich Sie, wenn  Einen Blumenstrauß mit weißen Lilien schenkte Ludwig II. dem Schuhmacher. Bild: Pixabay Sie es wünschen, umherführen.“ Dieses Angebot nahm der Wan- derer natürlich dankend an und der vermutete Gärtner führte ihn mit großem Entgegenkommen durch die Säle, wo alle Diener respektvoll grüßten. Als sie fast alle Zimmer besichtigt hatten, blieben die beiden vor dem Schlafzimmer des Königs stehen und der junge Mann erklärte dem Wanderer, dass es ihm hier leider nicht gestattet sei, einzutreten. Als die beiden dann Abschied nahmen, fragte der Reisende, wo sich der König denn zur Zeit auf- halte. Die Antwort lautete: „Der König war im Schlosse, als wir es besichtigten.“ „Und wir haben ihn nicht gesehen?“, fragte der Herr verwundert. „Sie haben ihn gesehen, ich bin der König!“ Die Lilien des Königs Auf seinen Ausflügen fuhr Ludwig II. oft durch ein Dorf, in dem er immer an dem Häuschen des Schuhmachers vorbeikam. Oft sah er, wie der Schuhmacher in seinem Garten seine Blumen pflegte. Eines Tages hielt Ludwig II. mit seinem Wagen am Rande des Dorfes an und lief bis zum Gartenzaun des Schuhmachers. Während er den Mann im Garten so beobachtete, sagte er zu ihm: „Meister, Sie haben gewiss kein Fortsetzung von Seite 128

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