Füssener Heimatzeitung Nr. 213

84 Füssener Heimatzeitung Nr. 213 vom Dezember 2021 Es ist Weihnachten. In der Kirche flackert das Kerzenlicht. Um den Altar steht ein Kreis mit Menschen. Sie halten sich an den Händen. In der Mitte des Kreises stehen Mädchen. Sie wiegen eine Puppe im Arm und reichen sie untereinander weiter. Die Puppe war aus Wachs, aus Holz, aus Stoff oder in armen Gegenden einfach aus Stroh. Der Pfarrer und seine Ministranten singen das Lied „Resonet in Laudibus”. Ein volkstümlicher Weihnachts- brauch mit langer Geschichte Ein Bericht von Andrea Plag Serie: Brauchtum  Christkindlewiege aus Süddeutschland, um 1545. Bild: Wikipedia Weihnachtsmesse im Mittelalter Hier wird eine Weihnachtsmesse Mitte des 13. Jahrhunderts be- schrieben. Die Puppe symbolisiert den neugeborenen Jesus. Das Lied ist ein Loblied auf die Geburt Jesu. Der Text lautet auf Deutsch „Laßt die Lobgesänge schallen, mit lieblichen Klängen Zion, mit deinem Gefolge.” Im Text ist wie- der das Wort „Eja”. Diese kleine Silbe weist darauf hin, dass die- ses Lied auf diesen alten Weih- nachtsbrauch, das Kindleinwie- gen, Kindelwiegen oder Christ- kindwiegen, zurückgeht. Kindeleinwiegen, der älteste Brauch an Weihnachten Die Tradition des Kindeleinwie- gens besteht seit dem zehnten oder elften Jahrhundert. Das Kin- deleinwiegen wurde in der Zeit zwischenWeihnachten und Licht- mess am 2. Februar an Sonn- Kindeleinwiegen und Feiertagen durchgeführt. Schriftlich erwähnt wurde sie das erste Mal von Propst Gerhoh von Reichersberg im Jahre 1162. Ger- hoh war ein Propst, war Leiter des Stifts Reichersberg in Ober- österreich. Er wollte die Kirche reformieren, sie war ihm zu welt-

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