Füssener Heimatzeitung Nr. 212

180 Füssener Heimatzeitung Nr. 212 vom November 2021 / II Ludwigs Zusammenbruch in der Christmette Weihnachten war für König Ludwig immer ein Höhepunkt im Jahr. Er liebte es Geschenke zu machen und andere Menschen glücklich zu sehen. Hier möchten wir andere, kleine Geschichten erzählen, die Ludwig als Kind, Jugendlicher und junger König an Weihnachten erlebt hat. Ein Bericht von Otto-Attila Piepenburg Serie: König Ludwig II. von Bayern Kleine Geschichten zur Weihnachtszeit und Fortsetzung auf Seite 184 „Die Baulust hat er von mir” Es ist Weihnachten 1852, der klei- ne Kronprinz, der spätere Ludwig II., ist sieben Jahre alt und freut sich auf die Bescherung. Das ar- chitektonische Talent des jungen Ludwig ist mittlerweile in der Fa- milie bekannt. So erhält er von seinemGroßvater ein besonderes Geschenk, Bauklötze zum Bau des Siegestors. Mit Feuereifer geht Ludwig ans Werk und be- ginnt zu bauen. „Die Baulust hat er von mir“, ruft Ludwig I. be- geistert aus, als sein Enkel mit den Bausteinen immer neue Tür- me zusammenfügt. Die Freude an der Kunst entwickelt sich bei dem kleinen Ludwig sehr früh, er zeichnet sehr gut und er baut sehr gerne, besonders Kirchen, Klöster und dergleichen. Groß- vater Ludwig I. schreibt später an seinen Sohn König Otto von Griechenland: „Bei der Christbe- scherung bekam Ludwig das Sie- gestor aus Baustein-Holzen, das er errichten kann. Zu bauen liebt er, vorzüglich, überraschend, mit gutem Geschmack sah ich Ge- bäude von ihm ausgeführt. Ich erkenne auffallende Ähnlichkeit im künftigen Ludwig II. mit dem politisch-toten Ludwig I., auch in seiner Anhänglichkeit an seine Erzieherin finde ich mich wieder, der ich sehr an meiner Weyland hing.“ Ludwig schmückt mit Lichtern, Otto spielt mit Bleisoldaten Ähnliches berichtet auch Marie Schulze, eine vertraute Freundin der Königin Marie. „Schon als Kind hatte Kronprinz Ludwig aus- gesprochene Vorliebe für das Baukastenspiel. Auch beschäf- tigte er sich gerne damit, ein hei- liges Grab aufzustellen, es zu schmücken und mit Lichtern zu versehen. Des Prinzen Otto Lieb- lingsspielzeug waren Bleisolda- ten; als die Königin einmal meine Mutter, meine Geschwister und mich in das Zimmer der Prinzen führte, sah ich dort staunend auf dem Tisch eine ganze Armee von Bleisoldaten! Sie waren sehr schön geordnet und aufgestellt und beschäftigten lange meine kindliche Einbildungskraft.“ Eine Regel für Weihnachts- geschenke Das schönste Fest im Jahr war für die jungen Prinzen Ludwig und Otto das Weihnachtsfest. Bereits Monate vorher überlegten sie nicht nur ihre Wünsche, son- dern machten sich auch Gedan- ken, womit sie die vielen Mit- glieder der königlichen Familie beglücken könnten. Ludwig war schon als Kind ein Meister des Schenkens und überraschte mit ungewöhnlichen Gaben auch sei- nen Bruder Otto. Eine Regel gab es jedoch: AnWeihnachten muss- ten alle Gaben nur so groß sein, dass sie auf dem Gabentisch Platz hatten. Aus diesem Grund bekam Otto zu seiner Enttäu- schung einmal nicht das Pferd,

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYxMw==