Füssener Heimatzeitung Nr. 209

55 Füssener Heimatzeitung Nr. 209 vom September 2021 Heiterwang Die Mutter von Heinrich Gigl stammt aus Heiterwang und das Haus, in dem Heinrich Gigl ge- boren wurde, kam durch seine Mutter Ursula Gigl, geborene Kiehltrunk in die Familie. Der Vater Josef Gigl hat seine Wurzeln in Bozen. In der väterlichen Seite gibt es viele Stuckateure, die aus der Wessobrunner Schule her- vorgingen. Anton Gigl (1700 - 1769) hat sehr viel in Tirol und Südtirol gearbeitet und ist ver- mutlich der Vorfahre von Heinrich Gigl. Das berühmteste Werk von Anton Gigl ist das Helblinghaus in Innsbruck. Doch weil mit Ende des Rokoko die Arbeit als Stu- ckateur immer weniger einbrach- te, sattelten die Stuckateure im- mer mehr auf andere Handwerke um, wie etwa eine Arbeit als Schuhmacher und Tischler. Josef Gigl wurde in Bozen geboren und ließ sich in Heiterwang nieder. Aus Gips, Sand und Kreide haben die Stuckateure, früher "Stukkha- doren" oder "Gipser", dann Stuk- katoren genannt, ihr Material ge- mixt. Um die Masse sämiger zu machen, wurden Quark und Bier oder Wein dazu gerührt. Viele Teile hat man in Werkstätten vor- gegossen, das meiste vor Ort mo- delliert. Zur "Wessobrunner Schu- le" gehören die Stuckateure, Mau- rer, Steinmetze, Schnitzer, Maler und Vergolder, die zwischen 1600 und 1800 nicht nur in Bayern und Schwaben Kunstwerke von starker Ausdruckskraft schufen. Etwa 1000 Stuckateure sollen von Wessobrunn aus ins Land gezogen sein. Einige kamen bis Moskau, wo sie den großartigen Kremlsaal schmückten. Die Fa- milie in Heiterwang hatte des- wegen immer etwas Besonderes, da es im Haus in Heiterwang be- Fortsetzung auf Seite 58 eindruckende Kunstgegenstände gab, welche durch die Stucka- teure in Familienbesitz kamen. Alle Kinder haben einen Teil der wertvollen Stücke bekommen, etwa Wanduhren, religiöse Ge- genstände oder ein wunderbar geschnitztes Kreuz aus Elfenbein. Der König kommt! Heinrich Gigl ist einer, der noch König Ludwig II. von Bayern von Angesicht zu Angesicht gesehen hat. Als Heinrich die Volksschule besuchte, hieß es immer wieder: „Der König kommt!”. Dann stell- ten sich alle Schüler aus Heiter-  Josef Gigl, Vater von Heinrich Gigl. Bild: privat

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