Füssener Heimatzeitung Nr. 207

69 Füssener Heimatzeitung Nr. 207 vom Juli 2021 Hier gab es Semmeln, Brot und Kaffee. Von einer Genossenschaft aus wurde der „Konsum” betrie- ben, ein Laden, in dem es alles gab, was man so brauchte. Später machte die Familie März daraus einen Edeka-Laden. Auch die Fa- milie Gerke (vormals Mielich) hat- te einen kleinen Laden für Milch, Zucker und allerlei Dinge. Der Ti- roler Hof wurde zu dieser Zeit von der Familie Schwarz betrie- ben. Hier fand das lebhafte Ver- einsleben der Ziegelwieser statt. Sogar einen eigenen Faschings- umzug hatten die Ziegelwieser und darauf waren sie auch sehr stolz. Amerikaner in der Ziegelwies 1945, ungefähr im Mai, kamen die Amerikaner nach Füssen. Da die Brücken kurz vorher gesprengt wurden, kamen sie über die Kö- nigsstraße vom Schwansee aus in die Ziegelwies gefahren. Man- fred Helmer erinnert sich noch daran, wie er mit seinem Opa im Garten am Zaun stand und viele Amerikaner sah. Die waren ge- fühlt fast ganz schwarz und wenn sie lachten, blitzten ihre schnee- weißen Zähne heraus. Dieser Trupp machte die Ziegelwies zu seinem Standort und alle Ziegel- wieser mussten aus ihren Hei- mathäusern ausziehen. Manfred Helmer und seine Eltern kamen in die Farbikhäuser an der The- resienstraße und seine Großeltern wohnten im ersten Stock imHaus am Kappenzipfel. Ein Jahr lang waren sie aus ihrem Zuhause vertrieben. Das Haus der Helmers wurde auch noch Befehlsstand. Es wurde dort ein Büro, ein Foto- labor usw. eingerichtet. Die Zie- gelwieser durften morgens kom- men und ihre Tiere versorgen und mussten dann aber auch wieder verschwinden. Im Tiroler Hof wur- de von den Amis die Küche für die Mannschaft eingerichtet, im Zollhaus die Küche für die Offi- ziere, im Weißhaus ein Club und im Steakhaus ein Casino. Nach einem Jahr durften die Ziegel- wieser zu ihrem Glück wieder zu- rück in ihre Häuser. Gefehlt hat nichts, es waren höchstens unter den Häusern Dinge vertauscht worden, die jetzt einfach wieder zurückgetauscht wurden. Noch einmal die Heimat teilen Doch schon bald mussten die Ziegelwieser nochmal ihre Heimat teilen. Die Sudetendeutschen wurden nach Bayern vertrieben und jeder Haushalt bekam Flücht- linge zugeteilt, die er in sein Zu- hause mit aufnehmen musste. Dies ging über ein paar Jahre so. Doch auch das wurde überstan- den und danach war wieder alles beim Alten. So vergingen wun- derschöne Jahre und so manches Ziegelwieser Urgestein wünschte sich, die Zeit wäre stehen geblie- ben und sie würden dort heute noch als Kinder zeitlos durch die Wälder streifen. ■  Früher gab es in der Ziegelwies noch viel mehr Grünfläche, um die sich dann alle stritten, da jeder Platz zumWeiden für seine Tiere suchte. Bild: Stadtarchiv Füssen  Traumhaft schön wohnten die Ziegelwieser in Freundschaft und Verbundenheit miteinander. Bild: Stadtarchiv Füssen

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