HZ 206 König Ludwig Sonderausgabe

186 Füssener Heimatzeitung Nr. 206 vom Juni 2021 / II Wie ist es heutzutage, wenn ein Mann eine Frau begehrt und ihr seine Liebe offenbaren möchte? Wird eine einfache Whatsapp Nachricht auf dem Handy ver- schickt, oder über Freunde Kontakt zu der Verehrten aufgebaut? Früher, vor circa 800 Jahren, gab es das Smartphone oder das Internet noch nicht als Medium für die gewünschten Liebesbekundungen, nein, die Liebe musste entweder direkt überbracht werden, oder über einen seelischen Weg zur Ver- götterten finden, sei es durch einen handgeschriebenen Brief, durch ein Gedicht oder, wie es Hiltbolt von Schwangau im 12. Jahrhundert machte, durch ein selbstgeschriebenes Lied über die Liebe. Ein Liebeslied an die Frau Ein Bericht von Lukas Pfeiffer Novelli Die Lieder des Hiltbolt von Schwangau Serie: Schwangau Hiltbolt von Schwangau Hiltbolt von Schwangau (wir schrieben bereits aus- führlich über Hiltbolt von Schwangau in der Ausgabe Nr. 158) gehörte dem Geschlecht der Ritter von Schwangau an und war urkundlich belegt der zweite Sohn der Familie, welcher keine Aussicht auf das Erbe der Familie hatte. Durch dieses Los begab er sich in den Jahren um 1215 herum zu sei- nem Nachbarn, dem Grafen Albert von Tirol. Durch die Beziehung zwischen Schwangau und Tirol hielt sich Hiltbolt viel am Hofe des Bischofs von Brixen auf und traf dort wahrscheinlich auf den Minne- sänger Gotfried von Neifen, welcher ein Neffe des Bischofs war. Durch diese Bekanntschaft ist anzu- nehmen, dass Hiltbolt dadurch den staufischen Minnesang und die staufische Literatur kennen- und lieben lernte. Auch Ulrich von Liechtenstein hatte einen großen Einfluss auf den abenteuerlichen Hiltbolt und so wurde dieser in die Welt der Musik und den Minnesang gezogen. Hier ist eines der Lieder von Hiltbolt von Schwangau inklusive Übersetzung zu lesen: Original: „Frouwe, ich redez mit iuwern hulden, sit ich iuch alrêrste sach, ich enweiz von welhen schulden lîde ich vil grôz ungemach, daz mir von gedanken sô wê nie geschach. swiez mir solte ergän von der liebe, die ich hân gein iu, frouwe, der mac ich niht lân. Von iuwern ougen dur diu mine gie mir in daz herze mîn ein sô wunneclîcher schîne, der mouz iemer drinne sîn. In sach nie an wîbe sô güetlîchen schîn wonen güete bî. Sît diz allez an iu sî, frouwe, genâdet mir od lât mich frî. Nieman kanez iu verkêren, bin ich iuwer eigen man: Ez stât wol nâch iuwern êren, obe ich iu wol heiles gan unde iu gerne diene sô ich beste kan. Obe ich daz getuo beide spâte unde fruo gein iu, frouwe, dâ hoert gnâde zuo.” Fortsetzung auf Seite 188

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