Füssener Heimatzeitung Nr. 204

162 Füssener Heimatzeitung Nr. 204 vom Mai 2021 Der Füssener Leinenweber und Pfarrmesner Mang Seelos (1782 – 1853) hat in seinem „Haus- oder Aufschreibebuch“ über einen Zeitraum von 70 Jahren (1782 – 1852) wertvolle Informationen über sein Leben und das seiner Familie, aber auch über Geschehnisse in seiner Heimatstadt Füssen schriftlich festgehalten. Nachdem die wirtschaftliche Lage sich für den Beruf des Leinenwebers sehr ungünstig entwickelt hatte, hat Mang Seelos sich nun als Pfarrmesner beworben, die Stelle erhalten und dementsprechend berichtet er sehr viel über seine neue Arbeit dort. Serie: Füssener Geschichte Das Leben des Füssener Leinenwebers und Chronisten Ein Bericht von Uta Creutznacher Bewerbung als Pfarrmesner Im nämlichen Jahr 1830 verstarb in Füssen der Pfarrmesner Georg Gsell. Mang Seelos reichte nach dessen Tod das Gesuch ein, selbst Pfarrmesner werden zu dürfen. Aus den Recherchen von Ruth Michelbach, der ehemaligen Stadtarchivarin der Stadt Füssen, wissen wir, dass er sein Gesuch mit dem Niedergang der Leinen- weberei, seinem eigentlichen Be- ruf, begründete. Seit 1825 war dieses Gewerbe durch ein Ge- werbegesetz des Königreichs Bay- ern zu einem Nebengewerbe er- klärt worden. Dadurch konnte nun jedermann dieses Gewerbe ausüben und die Aufträge wurden immer weniger. Am 24. Oktober erhielt er das "Decret, kraft wel- chemmir unter 11. October durch hohfürstlich Entschließung der Pfarrmeßnerdienst in provisori- scher Eigenschaft verliehen wur- de." Am 2. November 1830 wur- den ihm alle Paramente (Para- mente sind die im Kirchenraum und in der Liturgie verwendeten Textilien) und Ornamente über- geben, damit er seine neue Tä- tigkeit ausüben konnte. Er wurde vereidigt und es wurden ihm die Schlüssel zur Kirche übergeben. Er war ein Pfarrmesner von gan- zem Herzen und aus tiefer Über- zeugung, immer wieder führte er prominente Herrschaften durch die Kirche St. Mang, die er in sei- nemHausbuch immer wieder auf- zeichnete. Ankunft des neuen Stadtpfarrers Johann Baptist Graf Mit großer Freude berichtet Mang Seelos im Jahr 1832 über die An- kunft des lang ersehnten neuen Stadtpfarrers Johann Baptist Graf (geb. 1802, gest. 1862) in Füssen, der dann im Jahr 1837 der maß- gebliche Mitinitiator für die Er- richtung des Kalvarienberges war. Dieser wurde eigens vom Füsse- ner Bürgermeister Winterhalter in Augsburg abgeholt und kam an einem nebligen, nasskalten Tag am Nachmittag in Füssen an. "Mit Kreuz und Fahne, der Schul- jugend und Musik gienge man selben entgegen." Über das Wet- ter berichtet Mang Seelos, dass das Jahr 1833 sehr regnerisch ge- wesen war, weshalb man immer Mang Seelos - Teil 8

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