Füssener Heimatzeitung Nr. 201

188 Füssener Heimatzeitung Nr. 201 vom Februar 2021 Fortsetzung von Seite 187 facht, der Kerzenverbrauch ein- geschränkt und die Gestaltung der Predigt vorgeschrieben. Be- sonders strenge Eingriffe gab es im Bereich der Friedhofsordnung und des Glockengeläuts. DasWet- ter- und das Angelusläuten, der Glockenklang zum Zeichen des englischen Grußes, wurden bei Gewitter verboten, damit der Blitz nicht angezogen werde. Auch das Läuten zum Feierabend, Rosen- kranz und zur Vesper, an Sams- tagen und Vorabenden der Fei- ertage, an diesen selbst und an den Sonntagnachmittagen wurde verboten. Das war vor allem für  Viele Jahre glaubten die Menschen, die Glocke werde unter dem Boden des Kohleschuppens gefunden werden. Bild: Füssener Heimatzeitung die ländliche Bevölkerung schwer zu ertragen, war sie doch auf das Läuten als Zeichen der Zeitangabe angewiesen. Einige Kirchenglo- cken wurden eingeschmolzen, um Eisen zu gewinnen. Prozes- sionen und Wallfahrten wurden im Zuge der Reform abgeschafft, denn sie waren wie viele andere religiöse Volksbräuche aus Sicht der josephinischen Regierung veraltete und ausufernde Fröm- migkeitskulte. Die gerettete Glocke Natürlich traf dieses Schicksal auch die kleine Stadt Vils, in der unter anderem die am Fuße des Salober-Berges liegende Kirche St. Anna geschlossen wurde. Ei- ner Geschichte nach zu glauben, trafen sich damals einige rebel- lische Patrioten unter der Vilser Bevölkerung, die Angst hatten, dass ihre Glocke auch dem Schmelzfeuer zum Opfer fallen würde und beschlossen, die Glo- cke von St. Anna abzuhängen und in der Umgebung zu vergra- ben, um sie dadurch zu retten. Was für ein Frevel wäre es gewe- sen, wäre ihre so geliebte und heilige Glocke, die ihnen schon so viel Glaube und Lebens-Rhyth- mus gegeben hatte, einfach ein- geschmolzen und dann zu ir-

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