Füssener Heimatzeitung Nr. 198

34 Füssener Heimatzeitung Nr. 198 vom Januar 2021 / I Der Füssener Leinenweber und Pfarrmesner Mang Seelos (1782 – 1853), über dessen Kindheit und frühe Jugend wir in der Heimatzeitung bereits berichteten, hat in seinem „Haus- oder Aufschreibebuch“ über einen Zeitraum von siebzig Jahren (1782 – 1852) wertvolle Informationen über sein Leben und das seiner Familie, aber auch über Geschehnisse in seiner Heimatstadt Füssen schriftlich festgehalten. Endlich wieder in seiner Heimatstadt Füssen angelangt, findet er sich mitten in den Kriegsgeschehnissen zwischen den Tirolern und den Franzosen wieder, die sich um das „Grenzstädtchen Füssen“ immer wieder Gefechte lie- fern. Serie: Füssener Geschichte Fast schon französische Verhältnisse Wie staunte der Mang, als er im ehemals so christlichen Bayern fast schon französische Verhält- nisse vorfand, wo er sich doch oftmals darüber aufgeregt hatte, wie wenig religiöses Gefühl, wie wenige religiöse Bräuche und Traditionen man bei den Franzo- sen nach der Revolution noch finden konnte. "Tout comme en france!" (Alles wie in Frankreich), schreibt er in seinem Hausbuch. Aber die Aufklärung und die Sä- kularisierung hatten auch sein Heimatland erreicht. Es hatte sich bereits manche Veränderung seit seiner Abwesenheit zugetragen. Klöster waren aufgelöst worden, Kreuzgänge und Prozessionen waren außerhalb der Kirche vom Ein Bericht von Uta Creutznacher Staate aus verboten, die „Cons- cription“ (Wehrpflicht) war seit 1804 eingeführt worden. Im Jahr 1808 mussten sich alle Bürger, die als körperlich tauglich be- funden waren, auf eigene Kosten militärisch mit Uniform und Waf- fen ausstatten. Die als nicht kör- perlich tauglich befunden worden waren, mussten einen finanziel- len Ausgleich bereitstellen. In Füssen gab es zwei Kompanien und einen Zug Reiter. Der Moh- renwirt, Herr Martin, war der 1. Hauptmann und Herr Joseph Nie- dermayr, Lebzelter (Lebkuchen- bäcker), war der 2. Kapitän. Piqué und Bazin auch in Füssen Mangs Vater redete ihm zu, er solle doch auch in Füssen die Webarten Piqué und Bazin, die er in Frankreich kennengelernt hatte, anfangen. Dazu benötigte man aber englische Garne und diese waren bis nach Augsburg hin nicht zu erhalten. Daher war Mang gezwungen, in die Schweiz zu reisen, wohin ihn sein Freund, der Zinngießer Lukas Ahorn, be- gleitete. Nach einigen Abenteu- ern, denn ohne diese schien es bei Mang und seinen Freunden nicht zu gehen, kam er mit seinem englischen Garn wieder in Füssen an und machte sich an die neue Arbeit, die von den Stadt-Hono- ratioren mit Wohlwollen betrach- tet wurde, denn sie wollten ein Muster seiner Arbeit nebst Be- schreibung, was sie dann an die königliche Regierung nach Ulm senden wollten. Das Leben des Füssener Leinenwebers und Chronisten Mang Seelos Teil 5

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