Füssener Heimatzeitung Nr. 196

71 Füssener Heimatzeitung Nr. 196 vom November 2020 Morgens und Abends mußte stets auch der feuchte Lappen entfernt und so schnell wie möglich um alten Brei neuer aufgetragen wer- den. Kaum glaublich ist es, in welch kurzer Zeit der Verunglückte wieder hergestellt wurde. Die ers- te Anwendung schon bot mir viel Trost und ließ den Hoffnungsstern von ferne leuchten; doch behielt ich´s für mich. Nach ¼ Stunde nämlich legten sich schon in et- was die fürchterlichen Schmerzen, und die drohenden Krämpfe, wel- che jenes bekannte unheimliche Zucken am ganzen Körper als be- vorstehend ankündigte, wurden abgewendet. Nach Innen ließ ich täglich 2 Mal 1 Löffel kühlendes Baumöl (hier handelt es sich wohl umOlivenöl) geben. Salatöl hätte die gleichen Dienste getan. Unter der luftdicht abschließenden De- cke bildete sich merkwürdig schnell eine frische Haut. Die streng gehandhabte Reinlichkeit - nach den ersten Leidenstagen schon wurde täglich ein paar Mal mit lauemWasser aller Eiter sorg- fältig entfernt - half mitarbeiten. In 14 Tagen war der Bauer fast hergestellt. Der Arzt selbst er- klärte, er halte die Heilung fast gleich einem Wunder.” Und so schenkte Kneipp diesem Mann sein Leben zurück. Und noch ein Leben gerettet Mit dem gleichen Verfahren ret- tete er einen noch schlimmer ver- wundeten Mann. Diesem war durch eine Stichflamme die eine Hälfte des Oberkörpers so ent- setzlich verbrannt, es waren schwarze, mit gelben und roten untermischten Brandflecken zu sehen und die Haut konnte weg- gestreift werden. Es war ein schrecklicher Anblick. Doch schon nach 14 Tagen war der Mann durch Kneipps Behandlung kom- plett wieder hergestellt. Laut Kneipp sind die Haupterforder- nisse, um schwere Verbrennun- gen zu heilen: • Abschluss der äußeren Luft • Feuchterhalten der aufgelegten Tücher • neues Auflegen der kühlenden Masse • große Reinlichkeit. Weiter berichtet Kneipp in seinem Buch „die Wasserkur” noch von einer Frau, die sich ihre Hand beim Kochen mit heißemWasser verbrannt hatte. Auch hier galt die Hand bei den Ärzten als ver- loren. Kneipp kam und trug auf die ganze Brandwunde so dick wie möglich eine Paste aus Eiweiß und Öl auf, darüber legte er einen feuchten Lappen, dies wieder- holte er an den ersten zwei Tagen 2 mal frisch. Dann wurden ange- schwellte Heublumen aufgelegt, die allen Unrat aus der Wunde zogen. Nun bildeten sich Ge- schwüre und um diese auszulei- ten, griff er zu gekochtem Bocks- hornklee. Schnellstens war die Hand wieder komplett hergestellt. Sauerkraut und Kartoffeln bei kleinen Brandwunden Bei kleineren Brandwunden, ganz gut für Köche und Köchinnen ge- eignet, rät Kneipp zu Sauerkraut und Krautwasser. Man nehme frisch aus der Krautstande (Be- hälter in dem Sauerkraut herge- stellt wird) etwas Kraut und lege es auf die Wunde und bindet et- was drumherum. Zusätzlich tau- che man 3-4 mal am Tage den überlegten Lappen in das Kraut- wasser und binde ihn gut zu. Wenn es zu arg brennt, kann man dasWasser auch verdünnen. Man kann auch Kartoffeln gerieben auf die Wunde binden, all diese Mittel helfen laut Kneipp vorzüg- lich. Zurück zum Vertrauen Nicht nur dass Kneipp mit seinem Wissen und seinen Behandlungen das Leben vieler Menschen ret- tete, er gab ihnen noch etwas ebenso Wichtiges und Existen- zielles mit seiner Heilkunde zu- rück: Vertrauen! Dieses tiefe Ge- fühl, Leid selber mit den Dingen des Lebens heilen zu können, nicht mit Künstlichkeit, nicht mit Chemie. Das Erleben von tief na- türlicher Heilung ist wie eine klei- ne Erlösung, ein Gefühl, dass letztlich alles gut ist und man mit dem Leben verbunden ist. Und dieses Gefühl schenkt Kneipp schon über so viele Jahre hinweg jenen, die sich für seine Lehre interessieren. Wir sollten seine Weisheit behüten und da- rauf achten, dass sie niemals in Vergessenheit gerät. ■ Fortsetzung von Seite 68  Auch mit heißem Wasser sollte man vorsichtig um- gehen. Bild: AdobeStock_ 174961636

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