Füssener Heimatzeitung Nr. 195

74 Füssener Heimatzeitung Nr. 195 vom Oktober 2020 Der Tod und das Kind Wie bereits angekündigt, veröffentlicht die Füssener Heimatzeitung in den nächsten Ausgaben in der historisch richtigen Reihenfolge jeweils ein Bild des Füssener Totentanzes, einem Monumentalkunstwerk des Füssener Künstlers Jakob Hiebeler (*unbekannt, + zwischen 1618 und 1623), das im Jahr 1602 entstand und zu den bekanntesten Totentänzen zählt. Zu besichtigen ist der Füssener Totentanz in der St. Anna-Kapelle. Ein Bericht von Uta Creutznacher Serie: Der Füssener Totentanz Hohe Kindersterblichkeit Immer zerreißt es einem das Herz, wenn Kindern ein Leid geschieht oder sie früh sterben müssen. Wie furchtbar das für die Eltern sein muss! Gerade zur Zeit der Entstehung des Totentanzes, zu Zeiten von Pest und anderen Seuchen und immer wie- derkehrenden Kriegshandlungen war das Schicksal  Verschiedene Kragenformen des Frühbarocks in Anthonis van Dycks Familienportrait 1621. Die Dame trägt eine Mühlsteinkrause, der Herr einen Spitzenkragen, das Kleinkind einen halbkreisförmigen Tellerkragen. Bild: Wikipedia, gemeinfrei der damals lebenden Kinder sehr hart und grausam. Die Hälfte aller Kinder erreichte nicht einmal das 14. Lebensjahr. Lange Zeit, auch später noch im 18. und 19. Jahrhundert, können wir auf alten Ur- kunden die hohe Sterblichkeit von Kindern und Säuglingen nachlesen und wir fragen uns insgeheim, wie die damaligen Mütter damit umgegangen sind, wenn von ihren neun oder zehn geborenen Kindern nur drei oder vier überlebt haben. Fast unvorstell- bar! Pentagramm schreckt den Tod nicht ab In unserem Bild hat der Tod einen Säugling in einer kleinen Holzwiege auf seine Schulter gehoben, um ihn mit sich fortzutragen. Auf der Wiege sehen wir einen fünfzackigen Stern, ein Pentagramm, aufgemalt. Schon der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras beschäftigte sich mit diesem Symbol. Besonders der mathematische Aspekt des Goldenen Schnittes erregte sein Inte- resse an diesem Zeichen, das er vor allem als Symbol für Gesundheit kannte. Das Pentagramm wurde oftmals als Abwehrzeichen für Böses und Unheil verwendet. Leider hat es hier keinerlei Wir- kung auf den Tod, der sich von dem Zeichen nicht hat abschrecken lassen. Alle sind gleich vor dem Tod Fast wie im Vorbeigehen, als ob er ihn gerade noch gesehen hätte und ihn auch gleich noch mit- nimmt, hat er das ältere Geschwister des Säuglings am Arm gepackt und führt den größeren Jungen ebenfalls mit in den Totentanz. Die Mutter verliert

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