Füssener Heimatzeitung Nr. 195

100 Füssener Heimatzeitung Nr. 195 vom Oktober 2020 Keltischer Kessel und heiliger Gral Ein Bericht von Elisabeth Wintergerst Serie: Mythologie Der keltische Kessel Der Kessel hatte bei den Kelten, teilweise auch bei den Germanen, eine wichtige Rolle im täglichen Leben, besonders aber als Kult- und Zeremonialgerät. Seit der Bronzezeit, vor allem aber in der Eisenzeit (Hallstattkultur und La- tènekultur) wurden Kessel im To- tenbrauchtum und bei Opfer- und Weiheritualen verwendet. In der frühmittelalterlichen Literatur der Inselkelten ist ein Kessel mit wun- derbaren Eigenschaften ein im- mer wiederkehrendes Motiv. Ab der Hallstattzeit gibt es archäo- logische Funde, die die Kultfunk- tion des Kessels belegen, beson- ders als Grabbeigaben. Im Fürs- tengrab von Hochdorf (~550 und 500 v. Chr.) wurde ein Bronze- kessel mit 500 Litern Fassungs- vermögen aufgefunden, in dem Reste einer honigweinähnlichen Substanz waren. Weitere Kessel wurden in keltischen Gräbern bei Apremont (Haute-Saône), Vix (Côte-d’Or) mit 1,64 m Höhe, Duchcov (Dux in Tschechien), Brå Das Mysterium des heiligen Grals hat König Ludwig II. tief in seiner Seele bewegt. Die Oper Parsifal von Richard Wagner war für dessen königlichen Freund der Inbegriff seiner Sehnsucht nach Erlösung. Die Wurzeln der Gralsge- schichte führen weit in vorchristliche Zeit zurück und verbinden die Kulturen der Kelten und Germanen mit den Geheimnissen des Orients. Dabei spielen Frauen, Königinnen und Göttinnen eine wichtige Rolle. Fortsetzung auf Seite 102 (Ostjütland), Sophienborg (See- land/Dänemark) und Rinkeby (Fü- nen) entdeckt. Auf den britischen Inseln gibt es Kesselfunde im See Llyn Fawr (Glamorganshire), im Lough Foyle (Nordirland), in der Themse (Kessel von Batter- sea) und in Llyn Cerrig Bach (An- glesey). Einige dieser Kessel wur- den in Griechenland hergestellt und offenbar für Kultzwecke im- portiert. Eine Sonderstellung nimmt der Kessel von Gundestrup ein. Der Kessel als Heiligtum Beim römischen Geschichts- schreiber Strabon ist zu lesen, dass die Priesterinnen der Kim- bern Kriegsgefangene durch Kehl- schnitt töteten und in einen Bron- zekessel ausbluten ließen. Da- raus wurde dann geweissagt. Ob diese Schilderung zutreffend ist, kann bezweifelt werden, denn die Römer stellten ihre Feinde oft als sehr grausam dar. Bei den magischen Kesseln geht es um Tod und Wiedergeburt als zen- trales Thema. In der inselkelti- schen Tradition werden drei Arten von Wunderkesseln unterschie- den: der Kessel des Reichtums und der Fülle, der Kessel als Beu- testück aus der Anderswelt und der Kessel der Heilung oder Wie- dergeburt. Da gibt es Legenden von einem Kessel mit unerschöpf- lichen Speisen, Kessel der Wie- derbelebung, Kessel, die mit ei- nem Geis (= Tabu) belegt waren. In einer walisischen Variation der Sage von König Artus und seiner Tafelrunde gibt es einen Bericht über eine Kriegsfahrt von König Artus in die Anderswelt, um einen magischen, edelsteinbesetzten Kessel zu erbeuten, der in einer gläsernen Festung aufbewahrt wird. Dieser Kessel wird durch den Atem von neun Jungfrauen erhitzt und nur die tapfersten Krieger dürfen in ihm ihre Speisen zubereiten. Das Motiv vom Hei- ligen Gral und der Burg Montsal- vat klingt hier bereits deutlich an.

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