Füssener Heimatzeitung Nr. 194

41 Füssener Heimatzeitung Nr. 193 vom August 2020 der besagten Scheune vorbei marschierten und nun wohl de- finitiv die Oberhand gewonnen hatten. Zum großen Schreck der Verborgenen wurde plötzlich die Scheune von hinten gewaltsam geöffnet, mehrere französische Grenadiere (Fußsoldaten) traten ein, sprangen auf die dort ver- steckten Kaiserlichen zu und schrien: "Rendez-vous prisoniers! Gebt euch gefangen!" Die Männer ergaben sich, es wurden ihnen die Gewehre, Klingen und sons- tiges Hab und Gut abgenommen. Ein Soldat kam auf den mitten im Getümmel befindlichen Mang Seelos mit einer Flasche in der Hand zu und befahl ihm, Brannt- wein zu holen. Mang nahm geis- tesgegenwärtig die Flasche und tat so, als ob er tatsächlich gehen wollte, um den geforderten Branntwein zu holen. Als er aber außer Sicht war, warf er die Fla- sche fort und begab sich schleu- nigst auf den Heimweg. Mitten in der Nacht am Elternhaus vorbeigeschlichen Es war bereits tief in der Nacht, nur noch plündernde Feinde be- gegneten ihm auf seinem Weg nach Hause. Auch kam er an sei- nem Elternhaus Nr. 211 (Floßer- gasse 17) vorbei, welches in der Sommerzeit nicht bewohnt war, da die Familie zu dieser Zeit im Bleicherhaus am Lech wohnte. Er musste hilflos mit ansehen, wie die Plünderer die Haustür mit ihren Gewehrkolben grob ein- schlugen, um auch dieses Haus auszurauben. Gott sei Dank war niemand im Haus, wer weiß, wie es seiner Familie dann ergangen wäre. Als er nun am Bleicherhaus ankam, waren alle Läden und Tü- ren versperrt, kein Licht drang nach draußen. Das Haus sah aus Fortsetzung auf Seite 42 In dem ganzen Kampfgetümmel noch einen Vorteil gehabt Man sollte meinen, Mang Seelos hätte von diesem "Ausflug" erst einmal genug gehabt und wäre nun im elterlichen Haus geblie- ben. Aber nichts dergleichen. So- fort zog er wieder los, um einigen verletzten Österreichern Milch zu bringen und ihnen damit ihr Lei- den zu lindern. Und er zog sogar noch seinen Vorteil aus diesem gefährlichen Abenteuer. Er schreibt: "Ich für meinen Antheil bereute keineswegs den gewag- ten Ausflug. Da man allenthalben Säbel, Flinten, Riemwerk, Patro- nentaschen, Kugeln, ganze Pack Patronen und verschiedene Ge- genstände zerstreut herum liegen sahe, so füllte ich meinen nicht  Das Motto der Französischen Revolution – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. 1 wie ein verlassenes Haus auf dem Land. Aus Angst, er könne die Aufmerksamkeit der immer noch nach Füssen einziehenden Franzosen erregen, wenn er dort hineinging, und sie könnten doch noch auf die Idee kommen, das Haus wäre bewohnt und könnte somit Ziel ihrer Plünderei werden, ging er ganz unbeteiligt am Ein- gang vorbei. Da hörte er aber ei- nen leisen Ruf auf der Hinterseite des Hauses und er schlich sich geräuschlos dort ins Haus hinein. Die armen Eltern hatten schon befürchtet, ihr geliebter Sohn wäre bei den Kampfhandlungen umgekommen. Umso größer war die Freude, ihn nun wiederzuha- ben.

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