Füssener Heimatzeitung Nr. 191

18 Füssener Heimatzeitung Nr. 191 vom Juni 2020 / II König Ludwigs letzte Kutschenfahrt Mit zehn Jahren stand sie am Sarg von König Ludwig. Mit neunzig kann sie sich immer noch genau an diesen Tag erinnern. Manche Ereignisse graben sich tief in die Seele eines Menschen und auch tief in die Seele eines Landes. Der Kutscher an diesem denkwürdigen Tag, der den König auf seiner letzten Fahrt fuhr, war ihr Vater. Ein Bericht von Monika Philipp Serie: König Ludwig II. von Bayern Der Königskutscher Elisabeth Drentwett, geborene Körner, hat die Kö- nig-, Kaiser- und andere Reiche erstaunlich gut überstanden. Im Jahre 1876 wurde sie in München in eine ausgesprochen königstreue Familie hinein- geboren: Ihr Vater stand, ebenso wie seine zwei Brüder, im Dienst König Ludwigs II. von Bayern. Die drei Körners lenkten die Kutschen ihrer Majestät, thronten hoch oben auf dem Kutschbock und ließen die Peitsche knallen … Doch Ludwig Körner, ihr Vater, war mehr als ein gewöhnlicher Königs- kutscher: Er lenkte die Rosse zu Ludwigs letzter Fahrt und selbst zu seiner allerletzten. Die 90jährige erinnert sich noch genau. Es war am 12. Juni 1886. Der König war entmündigt worden. Von Schloss Neuschwanstein wurde er fortgebracht nach Schloss Berg. Auf dem Kutschbock saß Ludwig Körner! Der Kutscher folgt seinem König Am Tag darauf, dem 13. Juni, starb der König. Wie, das läßt Elisabeth Drentwett offen. Aber dass es dann wiederum ihr Vater war, der den Sarg mit dem totenMonarchen nachMünchen zur Aufbahrung überführte, das weiß sie hundertprozentig, da kann ihr kein Historiker etwas dreinreden. “Was danach kam, hat mich nicht mehr interessiert”, erklärte sie kalt. Mit Prinzregent Luitpold konnte sie über- haupt nichts anfangen. Das war für sie kein König. Auch der Vater setzte seine Kutscherdienste nicht  Am Sarkophag von König Ludwig II. stand auch Elisabeth Drentwett. Bild: gemeinfrei Fortsetzung auf Seite 20

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