Füssener Heimatzeitung Nr. 191

112 Füssener Heimatzeitung Nr. 191 vom Juni 2020 / II König Ludwig und seine alte Liesi König Ludwig II. zählt zu den wenigen Menschen, die sich, so gut sie nur konnten, treu geblieben sind. In seiner Hinwendung zur Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit, blieb er seinen Gefühlen treu und scheute sich keineswegs, dabei gegen herkömmliche oder systemische Gewohnheiten zu verstoßen. In der Gestaltung seiner zwischenmenschlichen Beziehungen sorgte Ludwig gerade in der Begegnung mit seinen Bediensteten und mit Menschen aus der Bevölkerung häufig für Überraschung. Trotz aller königlichen Würde, die ihm niemals abhanden kam, erhielt er sich eine legere Form der Kommunikation, die ihn besonders nahbar und seelisch berührbar machte. Das mag wohl einer der Gründe gewesen sein, weswegen das bayerische Volk ihn so sehr liebte. Tief in sich spürten die Menschen, dass sein Herz auch für die kleinen Nöte und Sorgen offen war. Ein Bericht von Ulrike Driendl-Piepenburg Serie: König Ludwig II. von Bayern Ludwig mit eigenen Essensresten versorgt Diese Erfahrung durfte seine Auf- wärtersfrau (Serviererin) machen, die König Ludwig II. schon seit seiner Kindheit begleitete. Man nannte sie die „alte Liesi“. Lud- wigs Liebe zu ihr ging buchstäb- lich durch den Magen. Entspre- chend den Erziehungsprinzipien seiner Zeit bekam Ludwig, ebenso wie sein Bruder Otto, von klein auf nicht immer genügend zu es- sen. Zum Beweis dafür wird ge- rade angeführt, Ludwig sei froh gewesen, dass die alte Liesi, Zim- mermagd in der Residenz, ihm des Öfteren heimlich Reste ihrer eigenen Mahlzeit habe zukom- men lassen oder ihn unbemerkt mit Proviant versorgt habe, den sie in der Stadt gekauft hatte. Fortsetzung auf Seite 115  König Ludwig im Alter von etwa einem Jahr. Da er in seiner Kind- heit nie genügend zu essen bekam, versorgte ihn und auch seinen Bruder Otto die gute „Liesi” heimlich mit Proviant. Bild: Copyright Bayerische Schlösserverwaltung, www.schloesser.bayern.de

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