Füssener Heimatzeitung Nr. 190

164 Füssener Heimatzeitung Nr. 190 vom Juni 2020 Sogar eine Hexe muss dem Tod in den Reigen folgen Wie bereits angekündigt, veröffentlicht die Füssener Heimatzeitung in den nächsten Ausgaben in der historisch richtigen Reihenfolge jeweils ein Bild des Füssener Totentanzes, einem Monumentalkunstwerk des Füssener Künstlers Jakob Hiebeler (*unbekannt, + zwischen 1618 und 1623), das im Jahr 1602 entstand und zu den bekanntesten Totentänzen zählt. Zu besichtigen ist der Füssener Totentanz in der St. Anna-Kapelle. Ein Bericht von Uta Creutznacher Serie: Der Füssener Totentanz Die Unhold steht außerhalb der Stände Die Personen, die im Füssener Totentanz dargestellt sind, sind an den Ständen der damaligen Zeit orientiert. Umso mehr er- staunt es, dass hier im 16. Bild des Totentanzes eine Hexe mit der damals üblichen Bezeichnung „die Unhold“ in den Reigen auf- genommen wird. Der Begriff „Un- hold“, so können wir bei Reinhold Böhm in seiner Broschüre über den Füssener Totentanz „Sagt Ja Sagt Nein – Getanzt Muess Sein“ nachlesen, kommt aus dem Alt- hochdeutschen holdo, was im Sinne von „der gute Geist“ ver- wendet wurde. Somit ist die Un- hold die, die nichts Gutes im Sinn hat, ein böser Geist, ein Geist mit böser Absicht. Die Unhold als Unheilstifterin Erst im 16. Jahrhundert macht sich das auch heute noch ge- bräuchliche Wort Hexe breit. Der Begriff Hexe leitet sich ab aus demmittelhochdeutschen haga- zussa, was so viel bedeutet wie die, die auf dem Zaun zwischen den Welten reitet, was eher eine Die Hexen lassen ein Unwetter heraufziehen Das Bild selbst ist düster und unheilschwanger und beim Be- trachten des Hintergrundes ver- schwindet jeglicher Zweifel daran, dass es sich hier um eine Hexe handeln muss. Auf dem Hügel links sitzen zwei Gestalten, zwei Helferinnen der Unhold, die ein Feuer entfachen, dessen schwar- zer Rauch den Himmel verfinstert und ein Unwetter heraufziehen lässt. Schon zucken Blitze aus den schwarzen Regenwolken über der in der Mitte erkennbaren Stadt. Blüte des Hexenwahns im ausgehenden 16. Jahrhundert Gerade im ausgehenden 16. Jahr- hundert kam der Hexenglaube zu einer neuen wahnhaften Blüte. Unwetter und Missernten führten zu Teuerungen und Hungersnö- ten. Die Menschen litten Not und in solchen Situationen suchte man sich schon immer einen Sün- denbock. Da kamen die soge- nannten Hexen gerade recht, Frau- en, die über jahrhundertelang weitergegebenes, altes Wissen neutrale Wertung innehat. Eine andere Erklärung des Wortes Ha- gazussa mit negativem Einschlag beschreibt die hagazussa als eine böse Dämonin, die Unheil stiftet. In diesem Sinne ist das Bild des Totentanzes gemalt. Im Vorder- grund sehen wir den Tod, der die Unhold mit sich führt. Gabel und Ziegenbock als Attribute der Unhold Die Unhold selber schaut recht unscheinbar aus. Ist sie doch wie eine gebückte, ältere Frau dargestellt, als Bäuerin gekleidet. Nur die beiden Attribute, der Zie- genbock, der als Symbol des Teu- fels galt, an ihrer rechten Seite und die Gabel in ihrer linken Hand, deuten ihre Position als Unholdin an. Die Gabel dient der Unhold als Fortbewegungsmittel. Oft wird hierzu auch ein Besen verwendet. Mit der Gabel, so wur- de angenommen, fliegen die He- xen am Hexensabbat auf einen der drei Hexenberge, den Blocks- berg, den Fichtelberg oder den Heuberg, der im Text des Todes auch direkt angesprochen wird.

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