Füssener Heimatzeitung Nr. 184

60 Füssener Heimatzeitung Nr. 184 vom Januar 2020 / II Effektivität oder Seele? Haben Sie sich im Alltag bereits dabei ertappt, dass sie ungedul- dig und gestresst auf die Uhr schauen, aber gar nicht wissen wieso? Weil eigentlich gar kein dringender Termin ansteht? Müs- sen Sie sogar das Wochenende genau durchplanen? Vielleicht sind Sie ein Diener Ihrer Arm- banduhr geworden. Sie tragen keine Armbanduhr? Keine Sorge, auch die Küchenuhr und die ein- gebaute Uhr amSmartphone kön- nen zum gleichen Phänomen füh- ren. Stellen Sie sich vor, Sie lieben es, zu kochen. Aber anstatt das Kochen zu genießen, schauen Sie permanent auf die Uhr: Wie lange muss ich noch kochen? Wann soll das Essen spätestens fertig werden? Was könnte ich noch erledigen, wenn ich doch fünf Minuten früher fertig wäre? Natürlich, es ist unbestritten, dass eine Uhr etwas enorm Prak- tisches ist. Wir können uns zeitlich koordinieren, können planen und bestimmte Dinge sehr effektiv erledigen. Doch amWochenende Zeitlos glücklich Wir Menschen haben die interessante Eigenart, unsere Beziehung zuWerkzeugen, die uns eigentlich dienen sollen, umzukehren. So geschieht es sowohl mit all- täglichen Hilfsmitteln, wie dem Smartphone, als auch mit ganzen Systemen, wie der Wirtschaft oder der Politik. Es geht nicht mehr darum, dass dieses vom Menschen Erschaffene dem Menschen dient, sondern wir Menschen werden zum Diener. Wir checken minütlich das Display des Smartphones, werfen wie- derholte - zum Teil sinnlose - Blicke auf die Uhr oder geben unsere letzte Kraft (und damit zum Teil auch unsere Gesundheit), um die Wirtschaft oder das Un- ternehmen, dem wir dienen, zu erhalten. Ein Bericht von David Leutgeb Serie: Philosophie  Jeder von uns kennt das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben. Läuft sie uns wirklich davon oder wird sie uns von der Uhr gestohlen? Bild: Pixabay

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