Füssener Heimatzeitung Nr. 184

198 Füssener Heimatzeitung Nr. 184 vom Januar 2020 / II Johanna Syrko - Ein Familienmittelpunkt Ein Ort, wo man immer hin kann. Ein Mensch, der einen immer unterstützt. Ein Zuhause, das nie in Frage steht. Dies ist ein Fundament, auf das man bauen kann, dies lässt einen wissen, dass man nie alleine sein wird. Eine Person in der Familie, zu der alle kommen können, die ein Zentrum darstellt und alle zu- sammenhält. Ja, wer einen solchen Menschen in seiner Familie hat, besitzt einen großen Schatz. Denn dieser hält die Beziehungsfäden in seinen Händen und behütet sie gut, sodass die Familie über alle Streitigkeiten hinweg doch weiß, dass sie zusammengehört. Ein solches Familienzentrum war Johanna Syrko, geb. Walter. Trotz immer wieder schwieriger Lebensumstände, stand sie dem Leben positiv gegenüber, gab ihren sieben Kindern ein Zuhause und der ganzen Großfamilie eine Anlaufstelle, zu der man immer hinkommen konnte. Ihr Sofa war nie leer und auch die Stadtarbeiter schätzten bei einer Tasse Kaffee mit Kuchen Johanna Syrkos Anwesenheit. Ein Bericht von Tulie Wintergerst Serie: Innere Lechvorstadt Fortsetzung auf Seite 200 Uneheliches Kind Johanna Syrko, geb. Walter, kam unter nicht einfachen Umständen auf die Welt. Am 1. März 1929 wurde sie als erstes und unehe- liches Kind ihrer Eltern Ulrich Wankmiller und Anna Walter ge- boren. Ihr Vater UlrichWankmiller suchte die junge Anna Walter im- mer wieder in einsamen Stunden auf und es dauerte nicht lange, da war Anna Walter schwanger. Dies war jedoch noch lange kein Anlass für ihn, seine Geliebte zu heiraten. Er wollte es sich noch offen halten, ob nicht vielleicht doch noch eine bessere Partie vorbeikäme. Anna Walter musste hart arbeiten, um sich selbst und ihre Tochter durchs Leben zu brin- gen. So wuchs Johanna Syrko, geb. Walter, vor allem bei der Neher-Mutter, Berta Neher, geb. Uhl, in der Ziegelwies auf. Sie war eine Art Tagesmutter, die sich liebevoll der Kinder annahm. Auch die Kinder hatten eine in- tensive Beziehung zur Neher-Mut- ter, ähnlich wie zu ihrer eigenen. Ulrich Wankmiller wartete noch zwei weitere Kinder ab, bis er dann ohne Ankündigung Anna Walter mit aufs Amt nahm und sie einfach heiratete. Es gab keine Hochzeitsfeier und auch keine Romantik. Drei weitere Kinder folgten. Das letzte entstand wäh- rend des zweiten Weltkrieges, als Ulrich Wankmiller auf Hei- maturlaub war. Dieses Kind lernte seinen Vater nie kennen. Ulrich Wankmiller erlag der Auszehrung im Kriegsgefangenenlager in Frankreich und kehrte nie nach Hause zurück. Die Nachricht vom Tod ihres Mannes erhielt Anna Wankmiller anWeihnachten. Fast zeitgleich erreichte sie noch ein letzter Brief ihres Mannes, den er mit Bleistift auf ein Blatt Papier gekritzelt hatte. In dem Brief be- kundete er, wie sehr er seine Frau liebt und gelobte, alles bes-

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