Füssener Heimatzeitung Nr. 182

35 Füssener Heimatzeitung Nr. 182 vom Dezember 2019 Tibet, atmeten den Rauch ein, um in andere Welten zu reisen. Es heißt, ein Trank aus Wachol- derbeeren lässt in die Zukunft blicken. Ein Amulett aus ihnen bewahrt vor ansteckenden Krank- heiten und soll speziell vor Epi- lepsie schützen. Die Welt beseelen Wahrscheinlich über Zehntausen- de von Jahren fühlten die Men- schen im Wacholder eine tiefe Macht. Der Hüter der Schwelle zwischen Leben und Tod, ein Tor zu den Ahnen, Beschützer der ungeborenen Kinderseelen. Der Zugang zu diesen Ebenen des Seins von Wesen, die nicht menschlich sind, die nicht unser Bewusstsein haben, ist uns zu einem großen Teil verloren ge- gangen. Wie kann eine Pflanze ein Tor in eine andere Welt sein? Und was bedeuten uns überhaupt unsere Ahnen? Höchstens eine mulmige Angst bemächtigt sich noch unserer Herzen, wenn wir an Geister und Verstorbene den- ken, und dass ihre Seelen viel- leicht doch irgendwo noch exis- tieren. Klein ist unsere Welt ge- worden, bar jeder Mystik, redu- ziert auf Fakten, die wir sehen und messen können. Nur wenige Fetzen, in Märchen und Sagen aufgefangen, sind uns noch ge- blieben von einer Welt, in der nicht alles nur Ding war und Ge- genstand. Es liegt an uns, unsere Welt wieder zu beseelen, uns zu öffnen für die Vielschichtigkeit des Daseins aller Wesen, die mit uns diese Erde teilen. Denn wie kommen wir dazu, jemandem oder etwas ein Bewusstsein oder eine Seele abzusprechen, nur weil wir es nicht wahrnehmen können? ■ Name: Gemeiner Wacholder Wissenschaftlicher Name: Juniperus communis Familie: Zypressengewächse (Cupressaceae) Anzahl der Arten: 50 bis 70 Weitere Namen: Heide-Wacholder, Machandelbaum, Kranewittbaum, Reckholder, Weihrauchbaum, Feuerbaum, Queckholder, Juniper Blüten: männliche Blütenstände eiförmig, gelblich, bis 5 mm lang, weibliche Blüten unscheinbar, grünlich Hauptblütezeit: April bis Juni Früchte/Samen: „Beerenzapfen“, kugelig, rund, 7-9 mm dick, anfangs grünlich, später schwarzblau, bläulich bereift, reifen erst im 2. oder 3. Jahr nach der Befruchtung Erntezeit: August bis November Höhe: bis zu 15 Meter Alter: bis zu 2000 Jahre Vorkommen: von Nordamerika über Südgrönland, Nordafrika, Europa, Vorderasien, Nordasien undZentralasien bis nachOstasien Info-Kasten  Die getrockneten Beeren werden schon sehr lange zum Würzen verschiedenster Speisen verwendet, Bild: Pixabay, Maarit Ignatius-Kuittinen

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