Füssener Heimatzeitung Nr. 182

2 Füssener Heimatzeitung Nr. 182 vom Dezember 2019 So ungewohnt fern Der Schleier stieg aus den Tiefen ihrer Seele auf, wie dichter Nebel in einer Moorlandschaft, der sche- menhaft um sich greift und alles in Besitz nimmt, was von seinen geisterhaften Schwaden berührt wird. Diesem Sog konnte sich auch der kleine Wolfi nicht ent- ziehen, der schon als Kind bei seiner Großmutter lebte und lie- bevoll von ihr versorgt und auf- gezogen wurde. Er saß auf einem kleinen Holzkistchen neben dem alten, knisternden Küchenofen und war voll der Sorge ob der Stimmung seiner Oma Anny, die ihm in ihrer betrübten Ausstrah- lung so ungewohnt fern schien. Kein erheiterndes Wort, kein lie- bender Blick, kein lichter Strahl vermochte sie zu erreichen und zurückzuholen aus ihrer Erinne- rung, die ihr Herz auch nach Jahr- zehnten immer noch bluten ließ. Gedankenversunken „Oma, heute ist doch Weihnach- ten. Alle Menschen freuen sich, aber Du schaust so traurig,” sagte der kleine Enkel zu seiner Groß- mutter. Für einen kurzen Moment drehte sie sich zu ihm um und meinte gedankenversunken: „Weißt Du, mein lieber Wolfi, es gibt Menschen, die Erinnerungen an Weihnachten haben, die sehr weh tun.” Die große weite Welt Ihre Gedanken schweiften weit zurück zumBeginn der tragischen Geschichte, die sich vor knapp hundert Jahren ereignet hatte. Anny Wankmiller, geborene Wal- ter, erinnerte sich, wie sie sich voller freudiger Aufregung mit  Als kleines Kind verstand Anny Wankmillers Enkel Wolfi lange nicht, warum seine Oma an Weihnachten immer so traurig war. Bild: privat Fortsetzung auf Seite 4 Fortsetzung von Seite 1

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