Füssener Heimatzeitung Nr. 180

168 Füssener Heimatzeitung Nr. 180 vom Oktober 2019 Abschiedstournee von Joan Baez Joan Baez verabschiedete sich mit einer Tournee von Europa. Nur zwei Konzert- termine gab es in Deutschland, einer davon auf der Seebühne des Festspielhauses in Füssen. Die Zuhörer reisten teilweise sogar aus Hamburg an. Die Königin und Ikone der Protestbewegung der 60er-Jahre spielte sich noch einmal in die Herzen der 5.300 Fans, die ihr vor der grandiosen Bergkulisse zujubelten. „I’m the last Leaf on the Tree“ (Ich bin das letzte Blatt am Baum) singt Joan Baez. Und mit jedem ihrer Lieder schwingt die Wehmut des „Farewell” mit. Ein Bericht von Elisabeth Wintergerst Serie: Kultur in Füssen Fortsetzung auf Seite 170 Die Träume einer ganzen Generation 1941 wird Joan Baez in Staten Is- land, New York geboren. Als jun- ges Mädchen trifft sie 1956 den Bürgerrechtler Martin Luther King - eine Begegnung, die ihren gan- zen späteren Lebensweg beein- flusst. Im gleichen Jahr kauft sich Joan ihre erste Gitarre und singt, wie nur sie singen kann. Ihr Stern war 1959 beim Newport Folk Fes- tival aufgegangen: Mit schlot- ternden Knien sang die damals 18-Jährige vor 13.000 Menschen und avancierte zur Folk-Queen – und mehr noch: Die Tochter eines Pazifisten und Physikers und ei- ner Schottin wurde in den 60er Jahren zur ersten weiblichen Iden- tifikationsfigur der Protestkultur. Sie sang gegen Ungerechtigkei- ten, Rassismus und Kriegstrei- berei. Gewaltlosen Widerstand nach dem Vorbild von Mahatma Gandhi hat sie sich auf die Fah- nen geschrieben und ist auch bereit, dafür ins Gefängnis zu gehen. Joan Baez bot auf der Straße den Mächtigen furchtlos die Stirn und so steht ihr Name für die Friedensbewegung, für Menschen- und Bürgerrechte. Beim Marsch auf Washington 1963, bei demMartin Luther King seine „I had a dream“ Rede hielt, war sie dabei. Ihre Version von „We shall overcome“ wurde zur Hymne einer ganzen Generation, die sich nach Frieden und einem Ende des Rassismus sehnte. Große Namen Innig befreundet ist Joan Baez mit den ganz großenMusikpoeten wie Donovan, Leonard Cohen, Paul Simon und Bob Dylan. Und so trägt sie dem begeisterten Füssener Publikum unter ande- rem auch folgende Klassiker vor: „Catch the Wind“ von Donovan, „Suzanne“ von Leonard Cohen, „The Boxer“ von Paul Simon und „Imagine“ von John Lennon. Aber auch ihr wohl bekanntestes Lied „Joe Hill“ kommt zur Aufführung. Dieses Lied kündigte sie mit fol- genden Worten an: „Ich habe es in Woodstock gesungen, im Ba- dezimmer und singe es jetzt für euch”. Auch das wunderbar in- terpretierte „Gracias a la vida“ (Dank an das Leben) von Violeta Parra bewegt alle. Die Stimmge- walt von früher hat Joan Baez mit ihrem glockenklaren Sopran mitt- lerweile nicht mehr. Doch darum geht es bei diesem Abschieds- Sie bleibt sich treu in ihren Liedern und ihren Überzeugungen

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