Füssener Heimatzeitung Nr. 178
45 Füssener Heimatzeitung Nr. 178 vom August 2019 mit schnellen Blicken, wer sich wo niedergelassen hatte. So konnte man sich in wenigen Se- kunden überlegen, ob man sich zu seinem besten Freund oder doch vielleicht zur neuen Flamme dazugesellen wollte. Es gab ver- schiedene Plätze amSchwansee, die traditionell von speziellen Cliquen besetzt wurden. Da war zum Beispiel „die Kiefer”, dort lagen nur die Coolsten. So man- cher Neuling oder schüchternes Mädchen traute sich dort also gar nicht erst hin, obwohl die Klänge der Gitarre, die man schon von weitem hören konnte, alle möglichen Sehnsüchte weckten. Songs von Cat Stevens, Bob Dy- lan, Joan Baez wurden dort nach- gespielt. In seltenen Fällen hatte einer ein Kofferradio dabei, mit dem die Lieblingslieder im Ori- ginal gehört werden konnten. Ein verheißungsvoller Ort Wer nicht an der Kiefer lag, mach- te es sich auf großen Handtüchern auf der großen Liegewiese ge- mütlich. Ausschlaggebend für die Aufenthalte amSchwansee waren zu dieser Zeit die Begegnungen mit Menschen. Dort traf man Gleichgesinnte, die mit einem auf gleicher Wellenlänge waren. Man könnte sagen, dass dort ei- gentlich nichts Besonderes pas- sierte, weil keine Action und kein Event geboten war. Trotzdem war es für viele die spannendste Zeit ihres Lebens. Überall knisterte es einfach. Man selber bewegte sich auf einem Feld voller Ver- heißungen und positiver Span- nung. Gleichzeitig konnte man andere Freunde beobachten und sah plötzlich, wie sich welche Händchen hielten. „Ob die beiden nun wohl miteinander gehen?” Kein Mainstream Da war also nur die Natur, der Boden, auf dem man gelegen ist und die Menschen, die einem gegenüber saßen - und das ge- nügte jedem. Kein Strand von Hawaii oder Mallorca war not- wendig, um glücklich zu sein. AmSchwansee waren regelmäßig um die fünfzig Jugendliche wie in einer speziellen Trance da und lebten ihre Woodstock-Energien aus. So manche Beziehung ist da entstanden und so manches Beziehungsdrama hat sich da ab- gespielt. Grundsätzlich galt, dass jeder überall willkommen ist. Sei es an der Kiefer, auf der Liege- wiese oder einem versteckten Teil der Liegewiese, nämlich der „Mulde” - jeder war glücklich über andere Gleichgesinnte, die sich dort einfanden. Nur eine Art von Menschen war dort nie zu finden, nämlich diejenigen, die sich nach dem Mainstream rich- teten. Fortsetzung auf Seite 47 Hier gab es nichts als Begegnungen und das brachte alle ins Paradies. Bild: privat
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