Füssener Heimatzeitung Nr. 178

124 Füssener Heimatzeitung Nr. 178 vom August 2019 Der Ausdruck innigster Mutterliebe Die Zarin war eine gebürtige Prin- zessin von Hessen und bei Rhein und später unter dem Namen Marija Alexandrowna Zarin von Russland. Mit komplettemNamen hieß sie Maximiliane Wilhelmine Auguste Sophie Marie von Hessen und bei Rhein. Geboren ist sie am 8. August 1824 in Darmstadt und gestorben am 22. Mai 1880 in Sankt Petersburg. Ludwigs Lie- be und Verehrung für die Zarin begann im Sommer 1864 im Kur- ort Bad Kissingen. Dort traf Lud- wig die Zarin von Russland und fühlte sich ihr unmittelbar sehr nah und verbunden. Nach diesem ersten Kennenlernen kehrte Lud- wig planmäßig nach München zurück. Doch in München packte ihn spontan die Sehnsucht zur Zarin so stark, dass er ihr nach Bad Schwalbach folgte und sie bei ihrer weiteren Kur begleitete, um weiter in ihrer Nähe sein zu Eine „gottvoll und unvergessliche Nacht” für Ludwig II. und seine Gästin Marija Alexandrowna Ludwig verehrte die Zarin Marija Alexandrowna tief und innig. Er nannte sie „Mutter” und sich selbst bezeichnete er als „ihren Sohn”. Der Zarin zu Ehren veranlasste Ludwig ein Seefest, welches, so die Mutter des Schriftstellers Oskar Maria Graf, „riesiges Ausmaß alles bisher Dagewesene überbieten sollte.” Ein Bericht von Otto-Attila Piepenburg Serie: König Ludwig II. von Bayern können. Diese gemeinsamen Tage waren der Ursprung einer lebenslangen Freundschaft und ein Briefwechsel folgte. Vier Jahre später, am 11. August 1868, schrieb Ludwig aus Schloss Berg einen Brief an sie und nimmt Be- zug auf diese gemeinsamen Tage. Hier ein Ausschnitt des Briefes: „Innig geliebte Tante! Ich bin wie- der in jener unbeschreiblich be- seligenden feierlichen Stimmung, die schon damals mich erfüllte, als ich jene wonnevollen Tage in Kissingen u. Schwalbach in Ihrer Nähe verleben durfte. Immer noch hallen Ihre Ermahnungen in mir wieder; in der strengen und zu- gleich milden Art mit der Sie mir zu Herzen sprachen, erkannte ich den Ausdruck der innigsten Mutterliebe, o seien Sie über- zeugt, nicht auf steinigen, un- fruchtbaren Boden sind Ihre Wor- te gefallen, ich werde sie beher- zigen und treu darnach handeln.” „Ihr dankbarer Sohn Ludwig” Ludwig schrieb weiter an die Zarin und lud sie nach Berg ein: „Ich schreibe diese Zeilen in meinem lieben, stillen Berg am Ufer des herrlichen Sees, dessen Ende die wundervolle Kette der Alpen be- grenzt, heilige Ruhe ist über die Natur ausgegossen, es herrscht tiefer Friede, der sich ebenso dem Innern des Menschen mit- theilt. Darf ich nun wagen, ver- trauensvoll mit einer Bitte Ihnen zu nahen, einer Bitte, an deren Erfüllung mir so unendlich viel gelegen ist; o wüßten Sie, wie glückselig mich die Zusage ma- chen würde; noch einmal, bevor ich die Bitte ausspreche, flehe ich zu Ihnen in kindlichem Ver- trauen um Erhörung: nun zur Sa- che. Der Aufenthalt hier im trauten Berg ist wie geschaffen zur Erho- lung nach einer anstrengenden Cur … so unaussprechlich würde es mich beglücken, wenn Sie hier Fortsetzung auf Seite 126

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