Füssener Heimatzeitung Nr. 177

77 Füssener Heimatzeitung Nr. 177 vom Juli 2019 Auflösung Serie: Heimaträtsel Auflösung des Heimaträtsels aus der Juni-Ausgabe der Füssener Heimatzeitung, Nr. 175, Ein verschwundener Name taucht wieder auf - „Am Stain“ Ein Klosterlehen Die Bezeichnung „Am Stain“ findet sich am Haus Lechhalde 2 angebracht. Damit war ursprünglich allerdings weder ein Straßen- noch ein Häusername gemeint, sondern vermutlich die gesamte Gebäu- degruppe mit Wohn- und Wirtschaftshäusern, die heute von Brotmarkt - Franziskanergasse - Finsterem Gässle (Weg entlang der alten Stadtmauer oberhalb der Spitalgasse) - Lechhalde, umgrenzt wird. Dieser Gebäudekomplex bildete vermutlich zusammen mit zahlreichen Höfen, Äckern, Wiesen und Gärten das Zentrum eines alten Handlehens des Klosters St. Mang. Dr. Enzingers Forschungen Der frühere Füssener Bürgermeister Dr. Ernst En- zinger, der heimatgeschichtlich sehr interessiert und engagiert war, widmete in seinen „Studien zur Geschichte der Stadt Füssen und des Klosters St. Mang“, Nr. 4, August 1970, dem „Stain“ einen umfangreichen Aufsatz, aus dem wir hier die fol- Bilder: Füssener Heimatzeitung gende Passage wiedergeben: „ „Der Stain“ war ein sog. Handlehen, später ein „Dienstlehen“ ge- nannt. Ein Lehen ist ein Landbesitz, der jemandem nicht geschenkt oder verkauft wird, sondern als widerrufliche Belehnung auf Lebenszeit zur Nutzung übergeben wird, wofür bestimmte Dienste zu leisten waren. Das ganze mittelalterliche Staatswesen baute auf solchen Lehen auf. Sie wurden schnell erblich, sodaß dem Lehensherrn oft die an sich zu leistenden Dienste nicht mehr gewährt wurden. Um diese Gefahr der Vererblichung abzuwenden, verlieh man Lehen als sog. Handlehen nur noch auf Lebenszeit. Es mußte Fallzinse entrichten, sodaß also im Falle von Verkäufen dem Kloster die Einnahmen wenigstens zum Teil erhalten blie- ben.“ Als Hausname erhalten Dr. Enzinger führt weiter aus, dass der „Stain“, dessen Ursprünge sehr weit zurückreichen dürften, als reines Dienst- oder Handlehen bereits um 1470 sein Ende fand. Allerdings lag noch 1784 auf den Häusern Lechhalde 2 und 4 der Hausname „Am Stain“. Daher rührt auch die Vermutung Dr. Enzin- gers, dass hier wohl das Zentrum des sehr um- fangreichen Lehenskomplexes lag. Es ist den heu- tigen Hauseigentümern zu verdanken, dass sie mit der neu angebrachten Inschrift an diesen Haus- namen und die jahrhundertealte Geschichte des Anwesens und des gesamten Gebäudekomplexes erinnern.

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