Füssener Heimatzeitung Nr. 176

178 Füssener Heimatzeitung Nr. 176 vom Juni 2019 / II Das König Ludwig Lied wurde von der Bevölkerung geliebt und von der Regierung gefürchtet. Laut demVolksliedsammler Wastl Fanderl war es zur Jahrhundertwende nach Ludwigs Tod das mit hoher Wahrscheinlichkeit beliebteste und verbreitetste bayerische Lied. Es wurde mit „tränenumflorter Stimme und wehem Herzen” von der Bevölkerung gesungen und damit des geliebten Königs gedacht. Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Versionen des Liedes entwickelt, teilweise mit heftiger Kritik an der Regierung, Mordvorwürfen an konkrete Personen und Verschwörungen, welche auf höchster politischer Ebene stattge- funden haben sollen. Das König Ludwig Lied wurde wegen hochverräterischen Inhalts verboten Ein Bericht von Otto-Attila Piepenburg Der Schutz der Anonymität Der oder die Verfasser dieses Liedes sind leider nicht bekannt. Wegen der vielen Anspielungen und Vorwürfe in diesem Lied hüllt sich der Urheber in den Schutz der Anonymität. Im All- gemeinen findet man als Quel- lenangabe „Traditional”. Diese Quellenangabe wird vermutlich dann genutzt, wenn der kon- krete Autor nicht bekannt ist und somit das Lied gewisser- maßen aus der „Tradition”, aus dem Volk heraus, geboren wor- den ist. Eine bekannte Inter- pretation existiert vom Weiß Ferdl. Das Lied erzählt eine Ver- schwörungstheorie zum Tode des „Märchenkönigs” Ludwig II. von Bayern. Weiß Ferdl Der 1883 geborene, deutsche Humorist Weiß Ferdl, eigentlich Ferdinand Weisheitinger, zählte zu den bekanntesten bayeri- schen Volkssängern und Volks- schauspielern. Berühmt bleibt er mit seinem Gesangsvortrag „Ein Wagen von der Linie 8”, einer Satire auf die Münchner Trambahn, die zur Hymne vieler Trambahnfreunde wurde. Dem Weiß Ferdl haben wir wichtige Informationen zum König Ludwig Lied zu verdanken. In einem Vortrag von 1928 sang er das Lied und erwähnte, dass es von der Regierung verboten wurde. Hier der kurze Vortrag und seine Version des König Ludwig Lie- des: „König Ludwig II. war der Liebling des bayerischen Volkes. Ganz besonders die Bauern aus dem Oberland sindmit zärtlicher Liebe an ihrem König gehangen und sie wollten absolut nicht glauben, dass der König selbst den Tod gesucht hat – sondern sie mein- ten, es hat da jemand mitgehol- fen. Und da haben sie hochste- hende Persönlichkeiten, den Dok- tor Gudden und sogar Bismarck verdächtigt. Dann entstand die- ses Lied, das aber von der Re- gierung verboten wurde, wegen hochverräterischen Inhalts. Heut- zutag' bei der Republik kann man Gott sei Dank alles wieder singen und da singe ich Ihnen das Lied vor, in der damaligen Fassung: Fortsetzung auf Seite 181 Serie: König Ludwig II. von Bayern

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