Füssener Heimatzeitung Nr. 174

97 Füssener Heimatzeitung Nr. 174 vom Mai 2019 zum Opfer gefallen. Magnus Peresson meinte dazu, dass das Stadtbild dadurch sehr verarmt sei. Franz Kellner hatte in seinem Haus noch ein altes Gewölbe. Beim Renovieren meinte der Architekt, dass man das doch rausreißen solle. Gott sei Dank ließ sich Franz Kellner nicht darauf ein, sondern erhielt dieses wunderschöne Gewölbe, das man heute noch in der Nähgalerie in der Brunnengasse bewundern kann. Einzige Straße von Füssen Die Reichenstraße war unter Karl dem Großen „des Reichs Straße”. Sie wurde als einzige Straße der Füssener Altstadt „Straße” genannt, während alle anderen „Gasse” hießen. Straßen kannte man eigentlich nur in freiem Land, so Magnus Peresson. Sobald Häuser rechts und links standen, nannte man es Gasse. Auch das ist wiederum ein Indiz für den Verlauf der Via Claudia, die frei durchs Land verlief, vom Schlossberg herab dann schnurgerade durch die damals noch nicht vorhandene Stadt Rich- tung Augsburg. Erst viel später siedelten sich rechts und links der „Straße“ Häuser an und sie wurde zur Straße des Reichs. Und wie das so ist, entwickeln sich die Namen fort, vor allem umgangssprachlich, und irgendwann hieß sie dann Reichenstraße. Magnus Peresson wies noch darauf hin, dass die Reichenstraße die einzige gerade Straße sei, typisch für die Römer. Alle Gassen in Füssen seien zumindest leicht gebogen, was den Vorteil habe, dass der Wind gebrochen werde. Badeaktion im Füssener Stadtbrunnen Früher stand am oberen Ende der Reichenstraße noch ein alter gotischer Brunnen aus Eisen, doch da die Nägel irgendwann verrostet waren, ist er in sich zusammengebrochen. Leider hat man diesen gotischen Brunnen nicht mehr er- setzt und nun einen etwas neumodischen Mag- nus auf eine ebenso neumodische Säule gestellt. Fortsetzung v0n Seite 95  Der alte Stadtbrunnen, der einmal zu einer großen Badewanne umfunktioniert wurde. Die Aufnahme zeigt ihn um 1910, das Haus dahinter wurde von Anton Sturm erworben. (Bild: Stadtarchiv Füssen) Vom Ursprung her passte der alte gotische Brunnen besser zu einem gotischen Stadtbild, wie es Füssen eigentlich hatte, so Magnus Pe- resson. Er wusste auch, dass das Haus dahinter, wennman von Norden auf den Brunnen schaute, seinerzeit von Anton Sturm zusätzlich zu seinem Haus in der Brunnengasse erworben wurde. Damals waren die Häuser am Fuß des Schloss- berges eher zweite Wahl in Füssen und billiger als die anderen Stadthäuser. Sie wurden auch erst gebaut, als es in der Stadt keinen Bauplatz mehr gab. Da sie direkt am Felsen stehen, musste man in den Felsen bohren. So gab es im Erdgeschoss ein Zimmer, im zweiten Stock zwei Zimmer nach hinten und im Dritten drei Zimmer nach hinten in den Berg. Die Häuser wurden nach oben immer tiefer, waren aber unten gerne feucht, da das Wasser vom Felsen herablief. Peresson wusste noch eine nette Geschichte zu diesem Brunnen. Eines Abends, es war schon ziemlich spät, waren einige gut angetrunkene Füssener Burschen auf demNach- hauseweg. Als sie am Stadtbrunnen vorbeika- men, meinte einer zum Besoffensten unter ih- nen: „Wenn du jetzt nackert im Brunnen badest, zahlen wir dir eine Maß.” Das war natürlich ein verlockendes Angebot und derjenige zog sich pudelnackert aus und begann sein nächtliches Bad im Stadtbrunnen. Bei dem Gegröle, das nun entstand, blieb es natürlich nicht aus, dass einer der umliegenden Bewohner beim Fenster hinausschaute und völlig schockiert die Polizei herbeirief. Somit wurde dem Spaß leider ein schnelles Ende gesetzt. Der freche Bader wurde erwischt, während seine Kumpane gerade noch rechtzeitig die Flucht ergriffen hat- ten und in den dunklen Gassen Füssens ver- schwunden waren. ■ Info-Kasten Veranstalter : Historischer Verein Alt Füssen Thema : Historische Fotos von Füssen Referenten : Magnus Peresson und Ernst Walz Ort : Gotischer Saal des Gesellenhauses in Füssen Termin : 28. Januar 2019, 19.30 Uhr

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYxMw==