Füssener Heimatzeitung Nr. 173

147 Füssener Heimatzeitung Nr. 173 vom April 2019 Aschenbecher an den Kopf geworfen Wally Schneider nahm eigentlich nie ein Blatt vor den Mund. Wenn sie etwas oder jemand aufgeregt hat, dann brachte sie das ganz unzensiert zum Ausdruck. Da sie an den Wochenenden gerne mal ins Tirol auf einen SchoppenWein fuhr, begab es sich in einemGast- haus, dass sie von einemanderen Gast ständig geärgert wurde, bis Zu allem entschlossen Und gleichzeitig trug sie eine durch und durch fürsorgliche Sei- te in sich. Im Zweiten Weltkrieg begab es sich, dass ein entfernter Verwandter des Bäckermeisters Adolf Söhner eine jüdische Frau geheiratet hatte. Dieser fühlte sich mit seiner Frau und dem vier Wochen alten Kind wegen der Ju- denverfolgung in Köln nicht mehr sicher und suchte Unterschlupf bei seinen Verwandten in Füssen. Da Adolf Söhner ausgerechnet im Jahre 1933 wieder aus Amerika zurückgekehrt war, stand er bei den Nazis stets im Verdacht, ein amerikanischer Spion zu sein. Die Situation war brisant, da die Söhners deswegen mehr als an- dere Füssener unter Beobachtung standen und unter ihrem Dach alles andere als ein sicherer Platz für die junge Familie gewesen wäre. Als Wally Schneider davon hörte, bot sie dem Pärchen um- gehend Unterschlupf in ihrem Haus an. Da sie viele Kontakte in die entlegensten Weiler des Lechtals hatte, schmuggelte sie die Eltern samt Kind in ihrem LKW über die Grenze und brachte sie in einem abgelegenen Hof im Tirol in Sicherheit. Dass sie sich am Grenzübergang selbst in eine lebensbedrohliche Situation ma- növrierte, hätte man sie ihrer Un- ternehmung überführt, nahm sie furchtlos und unerschrocken in Kauf. In ihrem Schutzbedürfnis diesem kleinen Baby gegenüber war sie wie eine Löwin zu allem entschlossen. Vielleicht spürte der kontrollierende Grenzbeamte instinktiv, dass er sich, hätte er der Wally Probleme gemacht, noch ein Stück mehr in Gefahr befunden hätte als Wally Schnei- der selbst und öffnete bereitwillig die Schranke. ■ es ihr irgendwann reichte. Sie hatte auch keine Lust mehr, mit Worten zu reagieren, dazu war ihre emotionale Verfassung schon viel zu fortgeschritten. Kurzerhand schleuderte sie diesem Provoka- teur geradewegs einen schweren Aschenbecher an den Kopf. Sie hatte eben ihre ganz eigenen Mittel, sich zu behaupten und für Ruhe zu sorgen. Info-Kasten Name : Walburga Schneider, geschiedene Schneider, geschiedene Kirchbauer, geborene Arnold Spitzname : Lumpen-Wally Geboren : 26. August 1904 in Weilheim Gestorben : 6. Januar 1962 in Füssen Erste Ehe : mit Max Ignaz Kirchbauer von Füssen am 23. Februar 1929, geschieden am 11. August 1931 Zweite Ehe : mit Ludwig Schneider von Füssen am 22. Dezember 1934, geschieden am 26. Oktober 1937 Dritte Ehe : nochmals mit Ludwig Schneider am 22. April 1944 bis zu ihrem Lebensende Vater : Johann Arnold, Händler, verstorben am 5. März 1935 in Füssen Mutter : Elisabeth Arnold, verstorben am 23. September 1942 in Füssen

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