Füssener Heimatzeitung Nr. 169

112 Füssener Heimatzeitung Nr. 169 vom Februar 2019 / I Der Füssener Totentanz In einer Zeit, in der der Tod ein ständiger Begleiter der Menschen war, hatte der Tod eine ganz andere Präsenz im Bewusstsein der Menschen, als das heute der Fall ist. Alte oder kranke Menschen sterben heutzutage meist ohne ihre Angehörigen im Krankenhaus. Ein persönlicher Bezug zum Tod, zum Sterben ist in der heutigen Zeit weitgehend verloren gegangen. Im Mittelalter waren die Menschen über Jahrhunderte mit immer wieder auftretenden tödlichen Krankheiten, Seuchen, mit andauernden Kriegen, mit Hungersnöten und besonders natürlich auch mit der damals grassierenden Pest konfrontiert. Die Pest, die imMittelalter derart viele Opfer forderte, wird als ausschlaggebender Auslöser für die Entstehung dieses Kunstwerkes angesehen. Es ist nur selbst- verständlich, dass die Lebensumstände ihren Niederschlag auch in der Kunst dieser Zeit gefunden haben und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und in Spanien. Ein Bericht von Uta Creutznacher Fortsetzung auf Seite 114 Serie: Der Füssener Totentanz Domestizierung stört das Gleichgewicht Keiner kann ihm widerstehen Totentänze sind Kunstwerke, die aus einzelnen Bildern bestehen, in denen der Tod, der oft ein Mu- sikinstrument in Händen hält oder einen Gehilfen dabei hat, der das Musikinstrument spielt, Menschen unterschiedlichsten Alters, von alt bis ganz jung, oder Standes, vom Papst bis zum Bauern, zu ihrem letzten Tanz aufspielt. Gemäß der mittelalterlichen Gesellschaftsord- nung war auch der Totentanz hie- rarchisch streng gegliedert. Er be- gann gewöhnlich mit dem Papst, als dem Oberhaupt der Katholi- schen Kirche und obersten Macht im Mittelalter, führte über unter- schiedliche Edle und Adelige zu weiteren kirchlichenWürdenträgern und unterschiedlichsten Berufs- ständen hin zu Kindern und Neu- geborenen. Ein ganz besonderes Kunstwerk in Füssen In Füssen befindet sich ein sol- cher Totentanz in der St. Anna- Kapelle des ehemaligen Bene- diktinerklosters St. Mang, welche heute in das Museum der Stadt Füssen integriert ist. Und hier handelt es sich sogar um den äl- testen erhaltenen Totentanz in Bayern, er entstand im Jahr 1602, und gilt somit unzweifelhaft als ein wahres Schmuckstück für Füs- sen. Er zählt zu den bedeutenden Monumental-Totentänzen in Europa. Füssener Friedhof auf dem Vorplatz von St. Mang Monumentale Totentänze wurden meist direkt in Friedhöfen, be- vorzugt an der Friedhofsmauer, oder in Friedhofsnähe ange- bracht. Es sollten Orte sein, wo Menschen begraben wurden und wo die der Beerdigung Beiwoh- nenden den mahnenden Toten- tanz in seiner ganzen Größe se- hen konnten. Sicher ist ein wich- tiges Motiv für einen Totentanz die Mahnung an die Lebenden, ein gottgefälliges Leben zu füh- ren, ein Leben, bei demman sich nichts vorzuwerfen hat, wenn es einem plötzlich und unerwartet entrissen wurde. Da war die St. Anna-Kapelle der richtige Ort, denn der Friedhof von Füssen war zur damaligen Zeit auf dem Vorplatz der St. Mang Kirche und als Grabkapelle diente die St. Anna-Kapelle den Edlen von Frey- berg-Eisenberg lange Zeit als Grablege. Dies bezeugen unter anderem Totenschilde der Ritter Philipp von Freyberg-Eisenberg (1631) oder der Totenschild des Ritters Werner Volker von Frey- berg-Eisenberg (1574).

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