Füssener Heimatzeitung Nr. 168

93 Füssener Heimatzeitung Nr. 168 vom Januar 2019 Fortsetzung auf Seite 94 Eigene Existenz gegründet Wie schon sein Vater Ludwig Behr, der Bader und Barbier war, ent- schied sich Xaver Behr für den Beruf des Friseurs, jedoch be- vorzugte er es, nur dem männli- chen Anteil der Bevölkerung die Haare zu schneiden. Das mag wohl auch daran liegen, dass Kurzhaarfrisuren bei den Frauen damals noch nicht so aktuell wa- ren und die Friseursalons eher von den Herren der Schöpfung aufgesucht wurden als von den Damen. Xaver Behr kam am 9. Oktober 1902 als drittes Kind von Ludwig und Genovefa Behr zur Welt. Der Beruf seines Vaters schien ihm wohl zuzusagen, im- merhin konnte sich dieser als der erste Füssener ein Motorrad leisten, mit dem er schon Anfang des 20. Jahrhunderts über Land fuhr, und den Menschen in den Dörfern und auf ihren Höfen in den Weilern die Haare schnitt. Nachdem auch sein Bruder Anton Behr das Friseurhandwerk erlernte und das Geschäft vomVater über- nahm, entschloss sich Xaver Behr eine eigene Existenz aufzubau- en.  Xaver Behr in jüngeren Jahren. Bild: privat riesigen Wärmehaube zu verschwinden und sich dabei mit einer Maniküre ver- wöhnen zu lassen. Auch wenn sich die jeweiligen Partien auf den ersten Blick recht gegensätzlich anfühlen, war der entscheidende Umstand doch derselbe: zwischen Friseur und Kunde, egal ob männlicher oder weiblicher Art, wurde einfach alles beredet und geratscht, was es im Städtle gerade so Neues gab. Wer in Füssen also auf dem aktuellsten Stand aller Gerüchte, Streitereien, Lie- besgeschichten, Sportereignisse und sonstiger Begebenheiten sein wollte, der musste früher nur zum Xaver Behr in die Schwangauer Straße 3 gehen, dessen kleiner Friseursalon die Klatsch- und Ratschzentrale Nr. 1 der ganzen Altstadt war. Aber nicht nur das. Xaver Behrs Friseursalon war noch viel mehr – nämlich Heimat für die Rußländler, die sein Geschäft eher wie ihr zweites Wohnzimmer als einen Laden empfanden.

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