Füssener Heimatzeitung Nr. 168

91 Füssener Heimatzeitung Nr. 168 vom Januar 2019 rauf zu achten, dass die lange Zunge auch gerade lag und nicht irgendwie verschoben, weil sie sonst unwei- gerlich gedrückt hätte und man den Schuh wieder umständlich hätte aufschnüren müssen. Waren die Stiefel endlich verdrahtet und zwei- fach verknotet, so galt es, eine quer über den Rist führende Lederspange zu befestigen. Erst dann war man gerüstet. Ende der fünfziger Jahre wurden Keilhosen modern, die un- terhalb der Ferse mit einem Gum- mizug gehalten wurden, mit dem man in die Schuhe schlüpfte. Meis- tens hat dieser Steg die Socken zum Verrutschen gebracht. … Zuletzt schnallte man sich den Rucksack auf den Rücken, der die Thermos- flasche mit heißem Tee enthielt, ei- nen Keil Brot, einen Zipfel Hartwurst und die Steigfelle, die seinerzeit den Skilift ersetzten. Erfahrene Ski- läufer hatten ein zweites Paar Hand- schuhe dabei, sowie zur Sicherheit Ersatzschnürsenkel, mit denen man notfalls auch die Bindung flicken konnte. … Natürlich waren die Skier aus Holz, wenn möglich aus ein- heimischer Esche. Sie waren we- nigstens handbreit und hatten ein spürbares Gewicht. … Mit diesem kindlichen stolzen Gefühl der Un- verletzbarkeit und Unbesiegbarkeit tappe ich hinter dem Vater her. … Hier auf der Skitour mit dem Vater spüre ich so etwas wie Urvertrauen. … Einmal sagt er: Man muss die wichtigsten Gedanken am Tag den- ken, sonst lassen sie einen in der Nacht nicht schlafen. Und dann se- hen wir, wie unaufhaltsam graue Nebelschwaden aufsteigen und sich zwischen die gespensterhaft aufra- genden Tannen schlängeln, traum- haft, unwirklich. … Doch damit bloß kein Trübsinn aufkommt an so einem schönen Tag, brummt mein Vater das Lied von den zwei Spuren im Fortsetzung v0n Seite 89 Schnee, die herabführen aus stei- ler Höh’: Und die eine Spur ist deine, und die and’re Spur ist meine, und sie führen beide ins Reich der Seligkeit ...” Ein Abend, der Spuren hinterlässt Magnus Peresson hatte seine Zu- hörer mit diesem letzten Stück in ihre eigene Kindheit katapul- tiert. Wer kannte nicht dieses umständliche Zubinden der Schu- he, oder die kratzenden Fäust- linge und die alten, breiten Skier? Schneelandschaften stiegen vor dem inneren Auge auf, die noch von keiner Menschenseele gestört waren, unberührt und voll tiefer Ruhe. Und diese inneren Bilder, ausgelöst durch die Beschreibung von Gerhard Köpf, sanken wie warme, heimatliche Tropfen in die Herzen der Zuhörer, einen wehmütigen Frieden hinterlas- send, eine Spur bahnend in un- sere Kinderseele. Zum Abschluss sangen alle zusammenmit „Blech hoch 4” Fein sein, beinander blei- ben, das traditionelle Abschluss- lied des Vereins Alt Füssen. ■ Info-Kasten Veranstalter : Historischer Verein Alt Füssen Referent : Vereinsvorsitzender Magnus Peresson Thema : Gedenkfeier für Anton Sturm mit ausgewählten Texten Ort : Anton-Sturm-Haus, Brunnengasse 18, 87629 Füssen Datum : Samstag, der 27. Okt. 2018 Uhrzeit : 19.30 Uhr Musikalische Umrahmung : „Blech hoch 4“ unter der Leitung von Roland Kurz

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