Füssener Heimatzeitung Nr. 164
122 Füssener Heimatzeitung Nr. 164 vom Oktober 2018 / II Ein Leben in der Drehergasse August II. Sailer wird bei einer Hausgeburt im Jahre 1881 in der Drehergasse 14 geboren. Sein Va- ter August I. Sailer hatte im Erd- geschoss als Siebmachermeister eine Werkstatt eingerichtet und so lag es nahe, dass der junge August II. denselben Beruf wie sein Vater lernte. Nach Abschluss der Ausbildung bei seinem Vater als Siebmacher, machte er noch eine Lehre als Schreiner und trug in beiden Berufen denMeistertitel. Damit der Betrieb wachsen konn- te, erwarb die Familie die Dreher- gasse 5, ein Haus, das schräg ge- genüber lag. Dort war genug Platz, um eine Siebmacherei und eine Die Familie Sailer- Eine Füssener Handwerksfamilie und ihr Schicksal Früher wurden Berufe oft über mehrere Generationen in Familien ausgeübt. Es stellte sich für den Erstgeborenen nicht die Frage, was man lernen will, sondern es gebührte der Ehre, den Beruf des Vaters zu lernen und das Geschäft weiter zu führen. Drei Generationen lang wurde die Schreinerei und Siebmacherei in der Drehergasse von den Sailers geführt, bis es keine Nachkommen mehr gab, die den Betrieb übernehmen wollten. Diese Generationen erlebten viele Höhen und Tiefen und hinterließen ihren Nachkommen eine Schatztruhe voll Ge- schichten. Ein Bericht von Tulie Wintergerst Serie: Alte Handwerksberufe Schreinerei einzurichten. Viel von seinem Wissen lernte August II. von dem berühmten Jugendstil- Künstler Richard Riemerschmid. Dieser war bildnerischer Entwerfer, Kunstprofessor und einer der be- deutendsten Jugendstilkünstler Deutschlands. August II. arbeitete viel mit demgebürtigenMünchner zusammen und lernte von seinem Wissen. Später heiratete er seine FrauMaria und bekammit ihr fünf Kinder; August, Magnus, Cäcilie, Maria und Gertraud. Im gleichen Zuge wie die Familie wuchs, ge- dieh auch der Betrieb der Sailers. In den erfolgreichsten Jahren hat- ten sie mehrere Gesellen und Lehrlinge in der Schreinerei. Die Schreinerei war wie aus dem Bil- derbuch. Die späteren Enkel fühl- ten sich dort wie bei Pumuckl und Meister Eder in der Werkstatt. Alles war voller Zauber und Aben- teuer. Die Schreinerei Sailer war ein Betrieb mit gutem Ruf, so be- kamen sie immer wieder große Aufträge der Stadt Füssen, wie z.B. die Eingangstür des Füssener Rathauses. Diese erinnert noch heute an die Blütejahre dieses Betriebs. Dem König treu Der Zweite Weltkrieg und der Na- tionalsozialismus machten auch vor Füssen nicht halt. Mit dieser Fortsetzung auf Seite 124
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