Füssener Heimatzeitung Nr. 162

121 Füssener Heimatzeitung Nr. 162 vom September 2018  Anwesen am heutigen Schrannenplatz 15 Bildquelle: Stadtarchiv Füssen Fortsetzung von Seite 119 Gasthof Alte Post In der Reichenstraße 27, links vor der Krippkirche St. Nikolaus, gab es einen hervorragenden Hufschmied, der mir schon einige Male das Pferd beschlagen hatte. Er war ein sympathischer, geselliger Mann, dem man die Freude an der Arbeit vom Gesicht ablesen konnte. Wir begrüßten uns beiläufig und ich zog weiter die Reichenstraße hinunter. Das Zentrum der Straße bildete das pompöse Gasthaus Zur Alten Post in der heutigen Hausnummer 13. Jedoch schien es dem Metzger und Lebzelter, der sich mit dem Handel und der Verarbeitung von Honig beschäftigte, auch recht gut zu gehen. Als ich beim Lautenmacher vorbeikomme, halte ich eine Weile inne. Vom Innern des Gebäudes erklingen wunderschöne Lautentöne, die mich faszinieren und für einen kurzen Moment einfach hinfort tragen. Gefährliche Arbeit Langsam sollte ich Richtung Schwangau aufbrechen. Mein Pferd trinkt nochmal etwas am Stadtbrunnen, dann geht es die Lechhalde hinunter. Die Tore stehen tagsüber offen. Auf der Lechbrücke fallen mir links vorne am Ufer der Unteren Spitalgasse die vielen Flößer während ihrer Arbeit auf. Sie bereiten ihre nächste Fahrt nach Augsburg vor. Sollte ich in Schwangau nicht alles verkaufen können, habe ich hier nochmal eine gute Möglichkeit, den Rest meiner Ware loszuwerden. Um 1600 lebten in Füssen 21 Flößermeister, die jährlich etwa 3500 Flöße nach Augsburg brachten. Ich bewundere die tapferen Leute, die ihre ehrliche und oft auch gefährliche Arbeit Tag für Tag verrichten, um sich so ihren hart verdienten Unterhalt zu sichern. Abenddämmerung Als ich die Brücke überquere und links in die heutige Schwangauer Straße einbiege, dämmert es schon langsam und mir wird erst jetzt klar, dass es schon recht spät ist. Das Schwangauer Tor, am Ende der Straße, bildet das Ver- bindungsstück nach Schwangau. Hinauswärts kann ich ohne Probleme passieren. Als die Tore hinter mir schließen, wird mir beim finsteren Haus des außerhalb der Stadt le- benden Scharfrichters etwas bange. Dieses Handwerk der Vollstreckung der Todesstrafe oder anderer Gerichtsurteile ist für mich unverständlich und widerstrebt mir. Ich verlange noch einmal von meinem Pferd sich zu sputen und hoffe, dass ich in Schwangau eine passende Unterkunft finden werde und der morgige Tag abermals gut verlaufen wird. ■

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