Füssener Heimatzeitung Nr. 161

71 Füssener Heimatzeitung Nr. 161 vom August 2018 / II gruppe noch einmal am 16. Ok- tober 1880, dem Todestag der Königin Marie Antoinette von Frankreich. Der König kommt für manche unbemerkt Wilhelm Rutz (1865-1950), kö- niglicher Leibdiener und Altbür- germeister Oberammergaus, be- richtet in seinen „Lebens-Erin- nerungen”, dass nach dem Jahr 1880 Ludwig II. nicht mehr zur Kreuzigungsgruppe kam. Doch der Maler Michael Zeno Diemer (1867-1939) berichtete, dass er noch im Jahr 1882 eine aben- teuerliche Begegnung mit dem König als „Lausbua” hatte. Da Ludwig gerne in der Nacht reiste, kam er für manche wohl öfter ungesehen und unbemerkt zur Kreuzigungsgruppe. Der Maler Michael Diemer beschrieb, wie er im Jahr 1882 als 15-Jähriger mitbekam, dass König Ludwig II. von Bayern vielleicht nachts zur Kreuzigungsgruppe kommen wollte. Diemer suchte sich schon im Hellen einen passenden Ort an der Kreuzigungsgruppe, um den König unbemerkt beobachten zu können. Am Abend verließ er sein Zuhause, ging zu seinem ausgewählten Ort hinter eine Staude und wartete gebannt. Und tatsächlich, es war etwa 23 Uhr, kam der König mit Gefolge. Diemer berichtete: „… voran zwei Reiter in alten blauen Kostümen, blau und silber auf Schimmeln. Jeder Reiter trug eine Laterne auf hohem Stab, dahinter folgte der goldene Prunkwagen und hielt beim Ron- dell am Fusse des Steilhügels. Ich konnte von meinem Stand- punkt aus nicht sehen, wie der König ausstieg. Bald kam er aber langsam den Fußweg herauf und blieb öfter stehen. Nun kam der große Schrecken! Ich hatte mich unter meinen schattigen Hasel- zweigen gegen Sicht gedeckt ge- fühlt, … aber die Laternen! Sie leuchteten festlich durch das Ge- äst – mir stand das Herz still – entdeckte man mich, so konnte ich doch nur für einen Wegela- gerer, einen Königsattentäter ge- halten werden, ich sah mich im Geiste schon in einem dunklen Burgverließ! Aber die Gefahr zog vorüber. Die Fackelträger achteten darauf, dem König den Weg gut zu beleuchten und dieser schritt ruhig und hoheitsvoll seinen Pfad. Ich atmete tief; soll ich flüchten? Nein, das hätte man hören können, so blieb ich also in meinem Versteck und konnte sehen, wie der König seinen Hut weggab, sich auf den Betschemel kniete und längere Zeit im stum- men Gebet verharrte. Dann stand er auf, blickte in den Mond, dann nochmals auf das Kreuz und begann den Abstieg. Nah bei meinem Versteck blieb er stehen und ich hatte das Gefühl, er sähe gerade auf mich zu; wie froh war ich, dass er keine Hunde bei sich hatte!“ ■  Das neue Festspielhaus in Oberammergau, Bild: Fotolia, Juergen Fortsetzung von Seite 69 Denkmal : Eine monumentale Kreuzigungsgruppe Stiftung : Von König Ludwig II. von Bayern an die Oberammergauer Bildhauer : Professor Johann von Halbig Höhe des Denkmals : 12 Meter Gewicht des Denkmals : - Kreuz und Jesus: ca. 33 Tonnen - Maria-Figur: ca. 2,2 Tonnen - Johannes-Figur: ca. 2,2 Tonnen - Sockel: ca. 27 Tonnen - Gesamtgewicht: ca. 64,4 Tonnen Material : Kelheimer Marmor Beginn des Transportes : 02. August 1875, 6:00 Uhr in der Früh Transportweg : von München nach Oberammergau (Osterbichl) Streckenlänge : 93,4 Kilometer Ende des Transportes : 16. August 1875 Einweihung : 15. Oktober 1875 von Erzbischof von Scherr Besonderheit : Seinerzeit das größte Steindenkmal der Welt Info-Kasten

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