Füssener Heimatzeitung Nr. 161
134 Füssener Heimatzeitung Nr. 161 vom August 2018 / II „Glückliche Heimreise, Ulrich Mehrl!” Noch vor dem Dorf Farchant begegnete ihnen auf dem Weg ein armer Bettelsmann. Jeder der edlen Herrschaften spendete ihm ein Geldstück in seinen alten, vergilbten Hut. Der junge Prinz Otto erbat sich sogar viermal von seiner Exzellenz dem Grafen Paumgarten ein Geldstück. Das, was ihn daran je- doch am meisten erfreute, war das Klingen des Geldstückes beim hineinwerfen der Münze in den bereits mit wenigen Talern gefüllten Hut. ImGasthof zur Post in Partenkirchen wurde abermals eingekehrt und Ulrich Mehrl wurde, wie alle Male zuvor, wieder auf Kosten des Grafen Paumgarten eingeladen. Da es wie in Strömen anfing zu regnen, wurde die Route abermals verändert. Sie fiel nun so aus, dass die edlen Herren mit den Kutschen zurück nach München fuhren und Urlich Mehrl an dieser Stelle entlassen wurde. Zur Belohnung seiner treuen und guten Dienste bekam er abermals zwei Kronentaler. „Alle Herrn Cavalliere, sogar Seine Königliche Hoheit der Kronprinz und Prinz Otto ließen sich herab, mir eine glückliche Nachhause- kunft zu wünschen. Nach höflichster Empfehlung entfernte ich mich in vollster Zufriedenheit und Freude aus dem Kreise der hohen Herrschaften. Ich ging dann, als die hohen Herrschaften per Post abgefahren waren noch bis Unterammergau, wo ich bei dem Schuhwirth über Nacht blieb.” Am 9. Mai nachmittags um 16.00 Uhr kam Ulrich Mehrl von dieser ehrenden und vergnügten Reise wieder zu Hause an. Teil werden Was war es, das Ulrich Mehrl während dieser Wan- derschaft so überaus glücklich machte? Das Glück eines Menschen zu verstehen, der bereits über hundert Jahre verstorben ist, fällt uns in unserer heutigen Zeit nicht mehr leicht. Heutzutage verspürt ein Mensch Glück, wenn er ein gutes Monatsgehalt erhalten hat oder wenn Deutschland bei der Fuß- ball-Weltmeisterschaft genügend Tore schoss. Doch nichts dergleichen war bei Ulrich Mehrl der Fall. Nichts dergleichen berührte ihn zu dieser Zeit. Es war vielmehr seine Liebe und Demut gegenüber seinem zukünftigen König und dessen Familie, die ihn mit Seligkeit erfüllte. Seinem vielgeliebten Kronprinzen zu dienen, erfüllte ihn mit Stolz und sein Herz war voll Eifer, jedenWunsch seiner hohen Wegbegleiter ohne zu zögern zu erfüllen. Es war Freude, für eine gewisse Zeit Teil dieser königlichen Gesellschaft zu sein und in jeder Minute den Adel, den sie ausstrahlten, mitzuerleben und aufzusau- gen. Man erlebt nämlich nicht nur mit, sondern wird Teil davon. Ulrich Mehrl wurde in diesen Tagen Teil einer Erfahrung von ganz besonderer Art. Er selbst schrieb abschließend: „Diese Tage, nämlich den 5., 7. und 8. Mai 1830, wo ich in der Nähe un- serer allgeliebten königlichen Prinzen verweilen konnte, zähle ich unter die glücklichsten meines ganzen Lebens.” ■ Fortsetzung von Seite 133
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