Füssener Heimatzeitung Nr. 160

103 Füssener Heimatzeitung Nr. 160 vom August 2018 / I pflegte, und dazu brauchte er klare Regeln, eine klare Hierarchie und klare Aufgaben. Alles war genau festgelegt, damit die Men- schen einen Halt hatten und wussten, in welche Richtung es gehen sollte. Und die Richtung war, Gott näher zu kommen, war die Höherentwicklung, letztlich die Verfeinerung und Veredelung der Seele. Abt Hausmann erzählte noch eine kleine Geschichte aus demMarkusevangelium, die ganz und gar gegen den Regel-Dog- matismus gerichtet war, um zu zeigen, wie man die Ordensregeln nicht verstehen sollte. Hausmann nannte diese Geschichte die „Gründungserzählung“ des Mönchtums: Ein Mann kommt zu Jesus. Er bekundet ihm genau nach den Vorschriften zu leben. Und Jesus sagt ihm: „Eins fehlt Dir noch. Trau Dich, über Dich hinauszuwachsen!“ Freiheit und Freiwilligkeit Wenn wir die Regeln heute lesen, dann sind wahrscheinlich viele sofort abgeschreckt, weil von in der Früh um 5:00 Uhr bis in die Nacht alles genauestens be- stimmt war und es im Grunde keine freie Minute für etwas „Ei- genes” gab. So könnte heute kei- ner mehr leben, so will heute keiner mehr leben. Jeder braucht heute seinen „Freiraum”, seine „Freizeit”, in der man „sein Ding” machen kann, in die einem nie- mand dreinredet. Der Freiheits- begriff heute ist ein gänzlich an- derer, ein extrem verweltlichter, profaner Begriff geworden. Ganz anders bei den Benediktinern, deren Gefühl für Freiheit nichts mit solchen weltlichen Bedürf- nissen zu tun hatte. Wer war oder Fortsetzung auf Seite 104  Benedikt schreibt seine Regel (Francesco Bernardini 1719)  Inhaltsverzeichnis der Benediktinerregeln

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