Füssener Heimatzeitung Nr. 159

181 Füssener Heimatzeitung Nr. 159 vom Juli 2018 Es war wohl noch mühsamer und schwieriger seine eigene Familie zu überleben. Sowohl seine Frau als auch seine Söhne starben vor ihm. Sein jüngerer Sohn beging sogar Selbstmord, indem er von einem Hochhaus sprang. Lattmann ging damals selber auf dieses Hochhaus, lief auf und ab und versuchte sich in seinen Sohn hineinzufühlen. Eine Frau erzählte ihm dann, dass sein Sohn ge- nauso auf- und abgelaufen war wie er und dass sie ihn daran als Vater erkannt habe. Lattmann schrieb später in einem seiner Bücher, „kaum etwas ist schwerer zu ertragen, als wenn die Kinder den Eltern voraussterben.” Marlen und Dieter Das wichtigste für Dieter Lattmann war immer seine Frau Marlen. Über 60 Jahre hat er mit ihr zu- sammengelebt. Kennengelernt hatte er sie im Tanz- kurs, als sie für seine Tanzpartnerin, deren Vater im Krieg gefallen war, einspringen mußte. Sie war Geboren: 15. Februar 1926 in Potsdam Gestorben : 17. April 2018 in München Von 1972 bis 1980: Bundestagsabgeordneter der SPD Von 1969 bis 1974: Mitbegründer und Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller Von 1977 bis 1985: im Präsidium des Goethe-Instituts 1983: Verabschiedung des Gesetzes zur Künstlersozialversicherung 1989: Wilhelm-Dröscher-Preis 2017: Gründung der Stiftung für Literatur 2017: Herausgabe seines 17. und letzten Buches „Es will Abend werden”. Info-Kasten eigentlich nur die „zweite Wahl”. In seine ur- sprüngliche Tanzpartnerin war er heiß verliebt. Aber als er Marlen das erste Mal sah, flog ihr sein Herz zu. Ihm wurde schlagartig klar, dass das eine ganz andere Dimension an Gefühlen war. Ein Au- genblick, in dem er einfach nur sprachlos dastehen konnte und sie anschauen. Hier ging es nicht mehr um bloßes Verliebtsein, sondern um die wirkliche Liebe. Und Lattmann spürte, das war die große Liebe seines Lebens. Sie heirateten und bekamen zwei Söhne. Später unterstützte sie ihn in seinen sozialen und politischen Bestrebungen, z.B. wenn es um den Kampf gegen die Atomenergie ging, oder auch um die Friedensbewegung. Sie standen alles gemeinsam durch, den tragischen Tod ihres jüngeren Sohnes, den Tod des älteren, den seine Frau nicht mehr verarbeiten konnte und ein halbes Jahr später starb. Das war 2015. In seinem letzten Buch schreibt er über diese Zeit nach ihrem Tod. „Oft spreche ich mit meiner Frau und erzähle ihr, was ich gerade anfange und wohin ich mich auf- mache.” Da kam dann noch eine ganz andere Ein- samkeit zum Tragen als die in seinem Buch be- schriebene Einsamkeit des Politikers. Eine Ein- samkeit, die ihmdie Lust am Leben nahm, elementar und tief, ohne Ausweg. Die letzte Einsamkeit! Von nun an treffen sie sich ganz im Unendlichen. ■  Sein mitbegründeter Verband besteht schon seit über 40 Jahren, Bild: Eva-Maria Offermann, 2009

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