Füssener Heimatzeitung Nr. 159

Kann es also sein, dass dieser steinerne Kopf schon bis zu tausend Jahre alt ist? Wurde er ur- sprünglich schon für das Gebäude geschaffen, in das er heute noch eingebaut ist? Oder welches Bauwerk hat er früher geziert? Stand es in Füssen oder kamder Stein anderweitig auf geheimnisvollen Wegen in die Lechstadt? Und warum schmückt er gerade die Fassade dieses Hauses in der Altstadt und hat alle Umbauten und Renovierungen der letzten Jahrhunderte standhaft überdauert? Fragen über Fragen, die kein Mensch mehr zu beantworten weiß, wir können nur unsere Phantasie spielen lassen, ... Ein Jahrtausend zieht vorbei Was hat dieser steinerne Kopf nicht schon alles gesehen im Laufe der Jahrhunderte, die da an ihm vorbeigezogen sind! Gerne würde man mit seinen undurchdringlichen Augen in die Vergan- genheit blicken und die Belagerung der Stadt durch die Schweden erleben, den Feuerschein des großen Brandes leuchten sehen, dem die Brun- nengasse zum Opfer fiel, die Stadt vor demWüten der Pest in Angst erstarrt finden, Kaiser Maximilian bei einem seiner Besuche zujubeln, die Blütezeit der Geigenbauer und Lautenmacher erleben, Zeuge des Baufortschritts von Kirche und Kloster sein, den Papst vom Papstzimmer aus den Segen für die Stadt spenden sehen, und nicht zuletzt den Alltag der Füssener Bürger durch die Jahrhunderte 154 Füssener Heimatzeitung Nr. 159 vom Juli 2018 Ein rätselhafter, leider stummer Zeitzeuge Unser erstes Objekt ist in jeder Hinsicht rätselhaft - weder ahnt man, wie alt es ist, noch weiß man, warum es ausgerechnet in die nordöstliche Fassade eines der ältesten Häuser in der Füssener Altstadt eingebaut wurde. Das mächtige Gebäude mit seiner markanten Fassade wurde nach der Haus- chronik 1591 erstmals urkundlich erwähnt. Noch viel älter dürfte aber der eigenartige, massive Schüttstein sein, der unterhalb eines Fensters im ersten Stock des Hauses in die Außenwand ein- gemauert ist. Keine Menschenseele weiß mehr, ob er auch an diesemOrt noch seine ursprüngliche Funktion erfüllte, das heißt, Abwässer des Hauses einfach auf die darunter verlaufende Gasse abzu- leiten, oder ob er von den Erbauern des Hauses schon als Zierde, außergewöhnliches Prunkstück oder sogar Wahrzeichen eingemauert wurde. Mensch oder Tier – Gott oder Dämon? Ist es ein kantiger Löwenkopf oder gar ein Tierkopf mit menschlichem Antlitz, ein Dämon, oder schlicht eine Phantasiegestalt, die uns da von oben herab betrachtet? Wer war der Künstler, der die Skulptur geschaffen hat? Der Stil mutet romanisch an, massiv und wuchtig, aber mit runden Formen, wie sie typisch für den romanischen Baustil sowohl in der Architektur als auch in der Plastik sind. Un- vermutet kommt einem da das Haupt des be- rühmten Löwen von Braunschweig in den Sinn. Serie: Heimaträtsel - Versteckte Füssener Kleinode In loser Folge will die Heimatzeitung versteckte und vielleicht auf den ersten Blick unscheinbare Kleinode, vor allem aus der Füssener Altstadt, vorstellen. Oftmals geht man seit Jahren oder sogar Jahrzehnten an solchen Schätzen vorbei, ohne dass man sie bewusst wahrnimmt. Begeben Sie sich mit der Hei- matzeitung auf eine Schatzsuche in verborgene Winkel unserer schönen Stadt und entdecken Sie kleine und große, versteckte und rätselhafte, in jedem Fall aber lohnende Schätze mit einer spannenden Geschichte … Wer findet die steinernen Augen? Ein Bericht von Magdalena Kienzle

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